Costa Rica ist bekannt für «Natur- und Erlebnisurlaub» und ein äusserst beliebtes Reiseziel, vor allem für Touristen aus Europa und den USA. Es gilt gemeinhin als sehr sicher, mit wunderschönen Stränden und einer Vielzahl von Nationalpärken, Wasserfällen sowie einer riesigen Biodiversität an Flora und Fauna. Der «Pura Vida Lifestyle» ist mittlerweile weltweit bekannt und passt gut zur Ferienlaune. Er basiert auf dem von Locals häufig genutzten Ausdruck, der vieles bedeutenden kann, aber mehrheitlich die Entspanntheit und Positivität der Ticos unterstreichen soll.
Costa Rica ist somit ein Traumziel für den «etwas abenteuerlustigen» Westler – gerne auch 70+, der noch nie zuvor in Südamerika war. Gekleidet ganz ala Galapagos-Manier im beigen Ganzkörper-Tarnanzug (natürlich mit Safari-Hemd, Reisverschluss-abnehmbaren Hosen, Feldstecher und «Explorer-Schlaphut»), der zwar kein Wort Spanisch spricht, dafür viele Dollar-Nötli in seinem klausicheren Portemonnaie um den Hals schwingen hat (die er auch zu Hauf brauchen wird, später dazu mehr).
Zynismus beiseite… Das Marketing-Team der Costa-ricanischen Reisebehörde hat offensichtlich in den letzten Jahren einen hammermässigen Job gemacht. Tourismus wurde der wichtigste ökonomische Sektor in diesem Land, rund 25% der arbeitenden Bevölkerung stehen im Zusammenhang mit Tourismus. Vom Hörensagen her ahnten wir, dass sich unser Trip durch Costa Rica etwas anders (also touristischer) gestalten könnte wie unsere bisherige Reise. Aber ich war vor 15 Jahren bereits einmal in Costa Rica, dazumal mit EF, am Rande eines verschlafenen Dorfes und ich war begeistert vom lokalen Lifestyle. Es war alles noch ziemlich «rustikal» soweit ich es in Erinnerung hatte, viele Ticos und wenige Hotels und Restaurants. Was kann sich also schon gross verändert haben in dieser Zeit, dachte ich…?
«Im Nachhinein ist man immer schlauer…» diesen Satz habe ich ein paar Mal gemurmelt während unserer drei Wochen hier – aber alles der Reihe nach…
Monteverde
Unsere erste Station ist in Monteverde – das gleichnamige Dorf zum danebengelegenen Nationalpark bestehend aus einem riesigen Nebelwald. Es ist neben La Fortuna eines der zwei bekanntesten Natur-Gebiete im Norden von Costa Rica und wir dachten, es ist der passende Startpunkt für unseren Reise. Damit waren wir offensichtlich auch nicht die Einzigen…. Mit unserem super organisierten Touri-Büsli sind wir von Liberia in unser kleines AirBnB am Dorfrand chauffiert worden, vorbei an unzähligen Hotels, Hostels und Restaurants. Die Unterkunft war sehr basic, aber wir hatten unser Budget sicherheitshalber schon mal reduziert, im Wissen um die noch kommenden hohen Gebühren für Parkeintritte und Touren. Wir zahlten trotzdem noch einen saftigen Preis für diese Sch***-Hütte, als wir von irgendwelchen Viechern in unserem Bett in der Nacht gebissen/gestochen worden sind, sodass wir nur noch flüchten konnten und die Unterkunft wechseln mussten. Notabene unsere erste derartige Erfahrung während drei Weltreisen, die Stiche jucken nach fast 2 Monaten immer noch… Meegagruuusig ja sorry ich weiss – soviel zum ersten «im Nachhinein ist man immer schlauer»…
Aber nun zum Nebelwald! Wie der Name bereits verrät, ist es ein immergrüner Jungle, voller Leben und – wie nicht anders zu erwarten – nasskalt 😉Die Hauptattraktionen sind Hängebrücken und Ziplines, wo man aus verschiedenen Perspektiven die mystische Natur bewundern kann. Haben wir natürlich gemacht – zusammen mit ca. 1000 anderen Touristen – aber schön wars trotzdem.




Den Bogen (respektive das Budget) haben wir dann etwas überspannt mit dem «Oso Perezoso Refuge». Das Nationaltier von Costa Rica mussten wir natürlich sehen, und da es eher scheu ist haben wir eine Auffangstation besucht, um die Tiere aus der Nähe zu beobachten. 40 USD pro Nase für 15 Minuten ein Tier in Zeitlupe zu beobachten, fanden wir dann doch eher happig…


Den «Real Deal» fanden wir dann schon eher in der Bird-Watcher-Tour, die sich Beat gewünscht hat. In Gedanken ganz bei unserem Familienmitglied aka Vögeli-Fründ Roli, konnten wir diese Gelegenheit natürlich nicht ungenutzt lassen! Die «serious Birders» sind also ein ganz spezielles Völkchen, sie führen sogar weltweite Ranglisten, wer die meisten Vögel in welcher Region gesichtet hat – genannt E-Bird, its a real thing 😊. Als totale Anfängerin fand ich es einfach nur herzig, wie sich Erwachsene mit einer solchen Begeisterung und Hingabe dem Gefieder hoch oben in den Bäumen widmen können. Ich musste schon schmunzeln, als die Gruppe mit ihren teuren Stativen und Ferngläser ganz aufgeregt hin und her gehuscht ist, weil sich offenbar ein Quetzal-Pärchen im Avocado-Baum gezeigt hat. Wir kennen den Mythos um den seltenen Vogel aus Guatemala – als Nationaltier und gleichzeitig heiliger Vogel der Maya. Insofern durften wir auch von diesem «Birder-Must-See» profitieren – jetzt können wir in Ruhe sterben 😉.


Eine kleine Stärkung zwischendurch mit einem traditionellen Casado musste natürlich sein. Das Nationalgericht enthält Reis, Bohnen, Bananen und Huhn – was auch die Grundzutaten für so ziemlich jedes andere Gericht in Costa Rica sind, soviel dazu 😉

Santa Theresa
Nach so viel Natur (und Silber-Touristen) kam für uns die nächste Station im hippen Surfer-Town an der Pazifik-Küste gerade richtig. Wir haben uns dort zwei Wochen in einem coolen AirBnB einquartiert, damit Beat sich seinem Crypto-Projekt widmen konnte. Ich habe mich in der Zwischenzeit mit dem wunderschönen Strand, Yoga und Tauchen beschäftigt. Am Abend haben wir dann zusammen den grandiosen Sonnenuntergang und das vielseitige Bar- und Foodie-Angebot genossen – also win win win würde ich sagen 😉.




Was uns aber auch hier aufgefallen ist – oder respektive die Abwesenheit davon – ist das lokale Leben. Santa Theresa zieht sich entlang einer staubigen Strasse gesäumt von Hippie-Strandkleider-Shops, stylischen Cafés und ein paar kleineren Supermärkten. Es ist wieder alles nur auf Touristen ausgelegt, man sieht quasi keinen Tico, ausser während ihrer Arbeitszeit als Fahrer, Kellner, Verkäufer etc. Auffallend häufig sind die eigentlichen Besitzer der Restaurants israelischer Herkunft, wir hatten sogar eine Art Synagoge gleich neben unserem Wohnort. Die jüdische Community ist allgemein stark vertreten in Costa Rica, gleich gefolgt von Chinesen, die scheinbar das Monopol auf Mini-Super-Märkte haben und eine grosse Argentinische Diaspora, die mehrheitlich in den Kleiderläden zu arbeiten scheinen. Alles sehr international durchmischt – aber eben sehr wenig Ticos. In mehreren Gesprächen haben wir dann erfahren, dass es für die lokale Bevölkerung aufgrund der explodierenden Preise schlicht unmöglich ist, in den Touristenorten auch zu leben. Das Problem der Gentrifikation haben wir nun schon ein paar Mal angetroffen in Zentralamerika, aber noch nie in einem solchen Ausmass. Seit Covid seien die Preise hoch geblieben, die zusätzliche happige Mehrwertsteuer von 13% treibt die Lebenserhaltungskosten für alle in die Höhe. Während damit scheinbar ein gutes öffentliches Schul- und Gesundheitssystem finanziert wird, hapert es bei der Infrastruktur. Costa Rica ist bekannt für die schlechten Strassen, auch Strom- und Wasserunterbrüche hatten wir in einer Frequenz wie nirgends sonst auf dem Kontinent. Für mich persönlich ist Costa Rica ein Ort der Gegensätze – quasi eine Art «teures Naturpark-Disneyland» für Touristen, von dem aber die lokale Bevölkerung nicht zu profitieren scheint. Wir werden auch überraschend häufig von Ticos gewarnt wegen der mangelnden Sicherheit – was uns ironischerweise in Mexiko nie passiert ist… Das hat mich doch eher überrascht, aber wie sagt man so schön; «im Nachhinein….»
San Jose
Bevor wir uns auf den Weg in die Hauptstadt machen, gibt es noch einen Zwischenstopp in Paquera – unser erstes lokales Dörfchen, wo wir auch mit dem öffentlichen Verkehr hinreisen. Dies inklusive der üblichen Annehmlichkeiten wie 1 Stunde aufs Colectivo warten, gefühlte 40 Grad im Bus und Beat musste stehen für eine Stunde, weil überfüllt – aber wir (und unser Budget) wollten es ja so 😉
Neben der Explorer-Lust gibt es eigentlich nur einen Grund, an diesem Ort Zwischenhalt zu machen und nicht gleich wieder die Fähre zu nehmen, welche die Halbinsel Nicoya mit dem Festland verbindet – und zwar die Biolumineszenz. Als grösster Fan aller Meereswunder musste ich das natürlich sehen! Aufgrund einer chemischen Reaktion, die bei der Wasserbewegung in lebenden Organsimen (in diesem Fall Plankton) entsteht, fangen diese an zu leuchten. Was ein interessanter biochemischer Vorgang ist, sieht in der einfach nur magisch aus. Wir waren in der Nacht auf 2-er Kayaks unterwegs und bereits unser Padel zog einen langen Schimmer hinter sich her. Ich konnte es natürlich nicht lassen und bin samt Kleider und Schuhen ins Wasser gesprungen – es war wirklich ein zauberhaftes Erlebnis – also wirklich wie Disney Land 😉

San Jose
Die meisten Reiseführer raten ab von einem Besuch in San Jose, weil es nicht viel zu sehen gäbe und die Sicherheit vor allem am Abend je nach Quartier nicht gerade die Beste ist. Wie üblich wollten wir uns aber trotzdem einen eigenen Eindruck verschaffen und haben es nicht bereut! Zugegeben, die Gegend am Busterminal ist wirklich nicht so schön und uns war auch bei Tag schon mulmig – aber nichts was sich nicht mit einer sofortigen Uber-Bestellung lösen lässt 😉
Wir hatten wieder richtig Lust auf Stadt-Feeling nach so viel Strand und Natur (haha ja sorry ich weiss, spoiled brats) und San Jose hat einige coole Quartiere und Museen, die es zu entdecken gibt. Geschweige denn von unzähligen Restaurants und Bars, die wir natürlich inspizieren mussten. Wir machten eine richtig coole Walking Tour, wo wir auch den Markt besuchten. Endlich wieder mal ein typisch Lateinamerikanischer Mercado, wo es wuselt und lebt, wo man von Heilkräutern über Hühner zu Küchenutensilien alles kaufen kann und wir waren wieder umgeben von Locals – ich liebe einfach diese Atmosphäre! Wir fanden San Jose also definitiv eine Reise wert, auch wenn es vielleicht nicht für jeden Geschmack ist.



Nach diesem gelungenen Aufenthalt haben wir aber entschieden, es gut sein zu lassen mit Costa Rica und haben uns gegen einen weiteren Stopp an der Karibik-Küste entschieden. Wir sind also wieder in den Bus gestiegen, dieses Mal Richtung Panama, und Herr Kuster hat so einiges zu dieser Reise zu erzählen im nächsten Beitrag 😉


























