Panama – Verbindung zweier Welten

Wie immer beginnen wir mit einer längeren Reise, auf der man sich das neue Land verdienen darf. In diesem Falle von San Jose, Costa Rica, auf die Isla Colón im Archipel von Bocas del Toro; Busreise ins Grenzort Sixaola ca. 5 Stunden, Passieren der Grenze nach Guabito ca. 1 Stunde, Fahrt in den Hafenort Almirante 1 Stunde, ein bisschen Warten auf die Lancha 1 ½ Stunden, Fahrt mit der Lancha 40min und zur Auflockerung nach der harten Pritsche ein paar gemütliche Abschlussbewegung (20min) mit unseren handlichen Rucksäcken in 30 Grad Celsius und 80% Luftfeuchtigkeit. Alles in allem mit Umsteigen etc. verdichtet auf kompakte 10 Stunden Reisegenuss.

Unser Bus in San Jose: Aussen besser erhalten als innen, aber kein Problem, da haben wir anderes gesehen. Die Umgebung der Busstation war schon eher schwierig… 😅
Pflichtfoto: Niemandsland zwischen Costa Rica und Panama

Nuuun gut, es hat uns niemand gezwungen! Und wie bereits erwähnt, auf den Reisetagen ist manchmal ein bisschen Durchhaltewillen vonnöten. Trotzdem ist es meiner Meinung nach die beste Art zu reisen, denn nur in den öffentlichen Verkehrsmitteln kriegt man einen Einblick wie sich das lokale Leben wirklich abspielt. In dieser Weltregion ist ein Auto auch heute noch für viele Leute ein unerschwingliches Luxusgut, entsprechend gut benutzt bis überfüllt ist der öffentliche Verkehr. In Panama sind wir sehr konsequent damit gereist und haben Shuttles erst in Betracht gezogen, wenn der Zeitunterschied Faktor 2 – 3 überschritten hätte. Wobei sich die Shuttles von den öffentlichen Collectivos vor allem durch weniger Zwischenhalte und einen garantierten Sitzplatz unterschieden haben. In der Theorie zumindest.

Nun ja, für den Titel «Dorf des Jahres» wird es Almirante wohl knapp nicht reichen aber siehe rechts all die Kühlcontainer mit dem Chiquita Logo. Schon der erste Hinweis…
Die Lancha ist beladen, wir könnten los. Der Capitán vermutlich aber noch in der Bar im 1ten Stock…

Bocas del Toro – Der Bananenarchipel

Bocas del Toro ist ein aus unzähligen Inseln bestehender Archipel an der Nordgrenze Panamas zu Costa Rica. In der westlichen Geschichtsschreibung vor allem deshalb von Bedeutung, da die United Fruit Company (heute Chiquita) hier über längere Zeit ihren zentralamerikanischen Hauptsitz hatte. Heute ist es eine beschauliche Inselgruppe mit paradiesischen Stränden und einer freundlichen Bevölkerung, die eine sehr karibische Lebensart pflegt. You better Belize it… 😎


United Fruit Company aka El Pulpo

Wenn man über Zentralamerika spricht, kommt man um die UFC oder United Fruit Company nicht herum. Über fast hundert Jahre hinweg hat die UFC Zentralamerika so kontrolliert wie wohl noch keine kommerzielle Firma vor oder nach ihr eine Weltregion. Vielleicht mal abgesehen von der britischen East India Company in Indien. Die Kombination von unendlich verfügbarem Kapital der aufstrebenden US-amerikanischen Weltmacht mit einer kleinen korrupten Elite an der Spitze der zentralamerikanischen Staaten hat das Experiment eines komplett unreguliertem Kapitalismus ermöglicht. Die Regeln der UFC waren auf ihren Plantagen Gesetz. Und wenn man bedenkt, dass z.B. im Falle von Guatemala in den 50iger Jahren ca. 42% der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche des Landes der UFC gehörten, kann man sich ausmalen, was das im Alltag für die Bevölkerung bedeutet hat.

Ein Bananenfrachter in Almirante, direkter Nachkomme der «Great White Fleet»

Aber auch die regierende Elite hatte schnell nichts mehr zu lachen. Wer sich nur im Ansatz gegen die Interessen der UFC stellte, wurde diszipliniert oder gleich ganz entmachtet. Honduras und Guatemala sind nur zwei Beispiele, in denen die Regierung durch eine von der UFC orchestrierte Invasion gestürzt wurde. Daher der Begriff Bananenrepublik.

An dieser Stelle ist nicht genug Platz die ganze Geschichte zu beleuchten aber der Einfluss der UFC auf die zentralamerikanischen Länder kann nicht überschätzt werden. Und wird noch lange nachwirken…


Den Aufenthalt hatten wir uns auf zwei Inseln aufgeteilt, die Hauptinsel Colón sowie die direkt gegenüberliegende kleine Schwester Carenero. Auf der Hauptinsel liegt als einzige Wohnsiedlung Bocas, das namensgebende Dörfchen des Archipels. Es ist sehr überschaubar aber glänzt mit karibischem Charme, einer entspannten Lebensweise und ist auch gut gemischt, sprich Locals und Touristen halten sich etwa die Waage. Anders als es in Costa Rica zu beobachten war. Und überhaupt nicht übermässig dreckig, wie wir vorab mehrfach lesen mussten. Klar war nicht alles piekfein sauber aber mit Nicaragua verglichen war das schon ziemlich aufgeräumt. Einzig die sehr einfachen Behausungen auf Carenero waren häufig mit Müll umgeben, es war aber auch sehr sehr arm dort und wir haben auf Fotos verzichtet. Mit dem Pineapple House hatten wir eine sehr einfache aber zweckmässige Behausung und als Highlight (keine Ironie) direkt neben dem Flugfeld gelegen. Echt spektakulär die Anflüge und das zum Anfassen nahe! Mein Vater als Flugzeugfan hätte seine wahre Freude daran gehabt.

Jeglicher Verkehr sowohl auf als auch zwischen den Inseln findet verständlicherweise mit dem Boot, der Lancha, statt, auch ein «Krankenboot» gibt es. Die Preise sind überschaubar, ein US-Dollar pro Person um von Colón nach Carenero zu kommen. Für die Locals wird es noch ein bisschen günstiger sein und wenn man bedenkt, dass auch die Cola-Dose im Supermarkt ein US-Dollar kostet, vermutlich verschmerzbar. Muss es aber auch sein, denn als Landperson fiel es mir echt schwer zu begreifen, wie grundlegend dieses Transportmittel hier ist. Es gibt sie in allen Formen und Farben, irgendwo hat jeder eine Lancha stehen. Und es wird für eigentlich alles ins Boot gesprungen, x-Mal am Tag.

Unterwegs hat unser Kapitän noch kurz seinen Kollegen den Schreiner abgeholt und irgendwo wieder abgesetzt. Ohne Boot nix los in Bocas del Toro.
Nachts im Dunkeln auf unsere Insel zurück? Kein Problem! Die Lancha war im Dunkeln gefühlt sogar schneller. 🤪

Manchmal hat man schon das Gefühl, dass man auf einer solchen langen Reise ein bisschen abstumpft ob all der unglaublichen schönen Orte, die man sieht… 😜

Oh, schon fast verdrängt aber ein Thema darf leider nicht unerwähnt bleiben. Unsere wunderschöne zweite Unterkunft, das TropicalArts, liegt auf Carenero. Wie ich herausfinden durfte, besteht Carenero aus einem sehr dünnen Strandabschnitt, dann ein bisschen bepflanzter Erde und der ganze innere Teil der Insel ist ein Sumpf.

So sieht Carenero im Innern aus

Nun gut, könnte man einwenden, du musstest ja nicht im Sumpf übernachten, lieber Beat, du hattest ein Bett? Long story short, ich weiss nun, weshalb dieser Abschnitt der Karibikküste Mosquito Coast heisst. Nichts, aber auch gar nichts (ja du bist gemeint, AntiBrumm Tropical mit 50% DEET) hat diese Biester abgehalten.

Irgendwo bei 30 Stichen hat Martina aufgehört zu zählen

Höchste Zeit für den nächsten Abschnitt, das lieblichst kühle Boquete auf 1200m ü. M.!

Auf Wiedersehen, Tropenparadies Carenero!
Unterwegs nach Chiriquí Grande, wer hät’s gedacht, per Boot 😉

Boquete – ein Stück Schweiz in Panama?

Wow, was für ein Traumort! Die Berglandschaft der Schweiz, Breitengrad-bedingt ein Tick grüner, vom Bächlein bis zu Flüssen, gepaart mit der den Panameños eigenen Offenheit und Freundlichkeit. Eine grossartige Kombination! Und siehe da, in der Kühle der grünen Hügel schwellen auch die Mosquito-Stiche schnell wieder ab.

Was gibt es hier zu tun? Neben dem Aufsaugen der frischen Luft vor allem Wandern und die Kulinarik geniessen. Ich bin nicht der erste der Boquete’s Vorzüge erkannt hat, entsprechend gross ist die Expat Community, die sich hier niedergelassen hat. Diese wiederum brachte kulinarische Einflüsse aus der ganzen Welt mit, es lässt sich hier also hervorragend speisen.

Obenstehendes Foto ist aus dem Restaurant Ngädri (Sprache der Indigenen Ngäbe, übersetzt Wurzel oder Herkunft), das typisch panamaische Gerichte modern interpretiert. Das Konzept des «Farm to Table» oder «Km 0» ist hier weit verbreitet, dabei gilt es die Strecke zwischen Feld und Restauranttisch möglichst kurz zu halten. Das nur saisonale Zutaten verarbeitet werden, versteht sich von selbst. Bestens geeignet, um sich zum Geburtstagsessen ausführen zu lassen. Apropos Geburtstag; Martina hat eifrig an ihrer «beste Partnerin aller Zeiten» Auszeichnung gewerkelt, nach dem Essen gings gleich weiter ins Barcade!

Barcade. Fragen?

Die wunderschöne Umgebung will erkundet werden, dies haben wir zu Fuss und per eBike erledigt. Als Wanderung haben wir uns für den überschaubar anstrengenden Pipeline Trail entschieden, da meine Leisten wegen des vielen Mosquito-Giftes in den Beinen noch ein bisschen geschwollen waren. Nichtsdestotrotz ein toller Ausflug, auch für Wander-verwöhnte Schweizer. Das wahre Highlight aber war der eBike Ausflug! Seit meinem ersten kurzen Versuch am Lützelsee (Danke @DonToni) wollte ich immer Mal eine längere eBike Tour unternehmen. Gesagt, getan!

Fast mühelos durch Kaffeeplantagen zu brettern hat schon was…

Stichwort Kaffeeplantagen: Für was Boquete eigentlich wirklich berühmt ist, ist sein Kaffee. Ende des 19. Jahrhunderts haben europäische Einwanderer diesen in der Region eingeführt und auch gleich die dazu notwendige Infrastruktur (sprich Plantagen) aufgebaut. Heute ist Boquete vor allem auf Spezialitätenkaffee fokussiert, allen voran die in Asien sehr beliebte Sorte Geisha. Da kann das Kilo auch mal 14’000 US-Dollar kosten. Wir haben uns die Kotowa Farm angeschaut und natürlich auch den Geisha probiert.

Der Lebenszyklus einer Kaffeepflanze aus einer Hand. Eine grenzgeniale Ko-Kreation unseres Guides und der Hoffotografin Martina
Beim Kaffeerösten verstehen die Kollegen keinen Spass. Infrarot-Temperaturmesser ist ein Muss.

Unsere Erkenntnis aus der kolumbianischen Zona Cafetera wurde uns ein weiteres Mal bestätigt; alles, was über den Röstgrad «hell» hinausgeht, kann sich wenig bis keine erkennbaren Geschmackseigenschaften erhalten. Unserem Guide war es aber wichtig darauf hinzuweisen, dass dies kein Beinbruch sein muss. Meist trinke er ganz normalen Arabica in Röstgrad «mittel», weil das in seinem Kopf als «der Kaffee» abgespeichert sei. Zu speziellen Anlässen dürfe es dann aber auch speziellere Kaffeesorten sein. Röstgrad «hell» natürlich.

Boquete Downtown ist nicht gerade eine Schönheit aber überschaubar und zweckmässig. Ein Trottoir hätte nicht geschadet…
Nicht Boquete-spezifisch sondern überall auf der Reise das gleiche; Wasser besorgen und in kleinere Behältnisse umfüllen.

Nach meinem Geschmack war unsere Zeit in Boquete viel zu schnell vorbei! Vielleicht wollte mir das Schicksal einen extra Tag spendieren und hat deshalb unser gebuchtes Shuttle nicht kommen lassen? Wir werden es wohl nie erfahren, konnten aber immerhin einen Ersatz für den darauffolgenden Tag organisieren und unser Hotel hatte sogar noch ein Zimmerchen frei. Was begehrt das nach acht Monaten tiefenentspannte Reiseherz mehr? Gell, Tiinchen… 😉

Santa Catalina – Pazifisches Surfertown Nummer 13

Dank Boquete waren meine inneren Cool Packs wieder aufgeladen, Zeit für ein bisschen Strandfeeling. Diesmal gerne in der Variante «abgelegen». Unser Wunsch sei uns Befehl! Santa Catalina erfüllt alle Kriterien dafür: direkt an der Küste, unter tausend Einwohner, Häuser sehr verstreut entlang einer Strasse (das bekannte Muster hier in Zentralamerika) und ein gefühltes Lebenstempo von knapp über Null. Aber wirklich (!) nur knapp.

Irgendwo im Nirgendwo. Nach Sona hörten die asphaltierten Strassen dann mal auf…
Das ist die Hauptstrasse durch das Dorfzentrum. Yep, mehr is’ nich…
Inspektööör Sssquuiid schreitet zur Kontrolle unserer Cabinas

Die Hauptattraktion von Santa Catalina sind, neben der Abgeschiedenheit und der damit einhergehenden Ruhe, die Wellen (yep, Surfer) und die Insel Coiba. Für knapp 90 Jahre war die Insel das panamaische Alcatraz mit einem Schuss Île du Diable von Papillon. Also einfach der Ort, auf dem man auf keinen Fall landen wollte, für viele Opfer der Diktaturen von 1968 bis 1989 aber traurige Realität. Alles hat jedoch zwei Seiten und in diesem Fall hat sich aufgrund der militärischen Sperrzone bis 2004 eine einzigartige Flora und Fauna erhalten. Komplett ohne menschliche Einflussnahme und deshalb seit 2005 UNESCO Weltkulturerbe. Klar, wer da als Erstes in die Flossen gestiegen ist!

Aus historischer Sicht wäre ein Besuch der Gefängnisüberreste auf der Insel interessant gewesen. Da sich meine Mittouristen leider mehr für den Schnorchel- anstatt den Geschichtsausflug begeistern konnten, hätte ich alle fünf Plätze selbst bezahlen müssen, Kostenpunkt ca. 580 US-Dollar. Das fand ich jetzt sogar für unser schweizerisch üppiges Reisebudget ein bisschen viel…

Schwer zu schlagen diese Ruhe und Aussicht
Traumhafte Sonnenuntergänge an der Strandbar inklusive

Trotz unseres fortgeschrittenen Alters haben wir es am Samstagabend an den wöchentlichen Pflicht- (und einzigen) Anlass von Santa Catalina geschafft; die Party im Oasis Surfcamp! Lustig wieder mal zwischen all den Backpackern zu feiern (wir haben herausgefunden, es gibt einen ganz spezifischen Backpacker-Style für GenZ’s) und wir durften Jamie & Lo kennenlernen. Ein mega herziges Paar aus Bristol, in Panama City haben wir uns gleich nochmals getroffen für einen gemeinsamen Besuch des Mercado de Mariscos.

Einziges Einlasskriterium: Durchwaten des Surfcamp-eigenen Flusses

Valle de Anton – Valle de Millonarios

El Valle de Anton versprach mehr Boquete-Vibes und wir wurden nicht enttäuscht! Wie immer musste man sich sein Reiseziel aber verdienen, die dazu nötigen drei öV-Verbindungen waren eher abenteuerlich, einen guten Teil der ca. 7h langen Reise durfte ich, nennen wir es, «aufrecht gekrümmt» verbringen.

In einem Bus kann man gut stehen, in einem Minivan eher nicht…

Dank einer netten jungen Dame resp. ihrem Gepäck konnten wir nun endlich auch den «Chicken Bus» von unserer Reise-Todoliste streichen. PS: Das Wort wird von Einheimischen (verständlicherweise) nicht gerne gehört, da als abwertend wahrgenommen.

Endlich!
Der Abzweiger Richtung Valle de Anton, irgendwo an der legendären Panamericana

Was lange währt wird endlich gut und nach der Ankunft wurden wir von unserer super tollen Finca begrüsst! Vermutlich meine favorisierte Unterkunft der gesamten Reise, mal abgesehen von unserem Neschtli in Cozumel bei Elisabeth. Da hat einfach alles gepasst; ein wunderschönes Haus zur Mitbenutzung, eine nette Besitzerin, grosse Zimmer, eine richtig kalte Dusche für nach dem Wandern und ein liebevoll gepflegter Umschwung der in angenehmer Temperatur genossen werden konnte. Eins a.

Die Lage von Valle de Anton ist auch gleichzeitig seine Hauptattraktion; das Dorf liegt in einem erloschenen Vulkankrater! Ich habe mir das einiges karger vorgestellt, dank «nur» 600m ü. M. ist aber alles extrem grün.

Valle de Anton von Kraterrand herab. Da unten versteckt sich das Dorf, man sieht es vor lauter Grün nur nicht 😂

Es eignet sich entsprechend gut zum Wandern und von dieser Möglichkeit haben wir auch reichlich Gebrauch gemacht! Es gibt sehr gut unterhaltene Wanderwege für jeden Fitnesslevel und der Wind bläst über die Kuppe was das Zeug hält. Neben dem kühlenden Effekt hat sich das als leicht trügerisch herausgestellt und wir haben uns beide den wohl ersten Sonnenbrand auf dieser Reise geholt. Nach monatelangem genüsslichem Lästern über die krebsrot gebrannten Gringos war uns das ein bisschen peinlich…

Der Blick vom Kraterrand herunter Richtung Pazifikküste. Wunderschön.

Da das Dorf von Panama City aus in nur zwei Stunden zu erreichen ist, haben sich viele wohlhabende Panamaer hier eine Wochenendresidenz gebaut, um sich von der heissen Stadt zu erfrischen. Ziemlich krass an was für Villas man hier vorbeiläuft, und die richtig Grossen sieht man gar nicht da jeweils auf einem grossen Gelände hinter Hecken verborgen.

Eines der kleineren Anwesen an der Avenido los Millonarios. Der Name ist Programm.

Auch dieses Dörfchen ist zwar sehr linear um die Hauptstrasse angeordnet aber verzweigt sich ein bisschen mehr in Seitenstrassen. Mit der immergrünen Umgebung und der angenehmen Temperatur hat mir Valle de Anton einen sehr stimmigen Eindruck hinterlassen. Gerne wieder!

Portobelo

Den Reisebericht halten wir diesmal kurz, auch deshalb, weil ich das erfahrene akustische Trauma nicht nochmals aufwärmen möchte. Unseren letzten Abschnitt legten wir in einem sehr kreativ umgebauten Schulbus zurück; die hinterste Sitzreihe wurde mit einer Monsteranlage ersetzt, die dem Hive durchaus gerecht geworden wäre. Zumindest was den Schallpegel angeht.

Seid froh, ist das ein Foto. Und kein Video…

Einmal angekommen durften wir unser gelungenes Airbnb beziehen, vermutlich die beste Unterkunft im ganzen Dorf! Portobelo selbst ist ein super herziges Städtchen von knapp fünftausend Einwohnern und liegt in einer wunderschönen Bucht an der panamaischen Karibikküste. Diese geschützte Lage ist auch der Grund für Portobelos reichhaltige Geschichte. Heute ein fast vergessenes Dörfchen, war es zu Zeiten der spanischen Kolonialherrschaft neben Cartagena und Vera Cruz der einzig zugelassene Hafen, um mit der Neuen Welt Handel zu treiben. Über den Camino Real wurde jegliche Gold- und Silberausbeute aus den südamerikanischen Kolonien von Panama City nach Portobelo transportiert. Entsprechend gross waren die Warenströme, die durch diesen Ort flossen, der Festungsbau zeugt noch heute davon.

Die gut erhaltenen Festungsanlagen der Spanier, ein Fest für jeden Möchtegern-Archäologen!

Und es ist das erste Mal, dass Panama als Drehscheibe für den globalen Handel zwischen Pazifik und Atlantik in Erscheinung tritt. Was mit dem Panama Kanal bis heute seine Fortsetzung findet. Aber diese Zeiten sind längst vorbei, Portobelo wieder ein kleines verschlafenes Städtchen mit einem sehr geruhsamen Lebensrhythmus.

Strassenszene

Was aber geblieben ist, sind die Nachfahren der afrikanischen Sklaven, die hier während der Kolonialzeit in grosser Zahl eingesetzt wurden. Kombiniert mit der Abgeschiedenheit der letzten zwei, drei Jahrhunderte hat sich eine Art Zeitkapsel gebildet und es entstand eine ganz eigene Afro-karibische Kultur. Einzigartig genug um als UNESCO Weltkulturerbe anerkannt zu werden. Da während unseres Aufenthaltes leider keine Festlichkeiten stattgefunden haben, konnten wir dies nicht allzu explizit erleben, aber es war durchaus spürbar.

Alles sehr karibisch hier.

Aufgrund der Abgeschiedenheit hat sich auch die Natur gut erhalten und die Bucht ist von einem unberührten Mangrovenwald umgeben. Unser kettenrauchender Lieblings-Pizzaiolo Francesco ist neben studiertem Ethnograf auch Touristenführer und hat uns durch den Mangrovenwald zu seinem geheimen Strand geführt. Inklusive vielen interessanten Erklärungen zur Umgebung und seinem Leben.

Schwer zu erkennen aber sogar einen weiblichen Oso Perezoso mit seinem Nachwuchs konnten wir erspähen. Ein weiteres Beispiel für «Panama – das bessere und günstigere Costa Rica»
Auf dem Weg durch den Mangrovenwald mit Francesco und seiner Hündin Italia (kein Scherz)
Sonnenuntergang Apero mit ein paar Dosenbier. Manchmal braucht es so wenig…

Alles in allem ein sehr liebenswertes Fleckchen Erde für einen kurzen Aufenthalt. Über längere Zeit würde es vielleicht ein bisschen langweilig werden, aber das gilt ja für die meisten dieser kleinen Küstendörfer. Unser nächster und finaler (! 😱) Stopp ist da aus ganz anderem Holz geschnitzt: Panama City.

Panama City

Bereits die Ankunft mit dem Überqueren der Puente de las Américas ist ziemlich episch, und dann die Skyline… Man merkt, dass wir nach all dem Dschungel und all den Stränden ausgehungert sind nach Big City Life. Alles wunderbare Natur aber eben auch ein bisschen eingeschränkt. Also haben wir freudig unser High Rise-Airbnb im 9ten Stock des The Gray-Towers in Bella Vista bezogen und uns ins Stadtleben gestürzt!

Wer erspäht die stolze Wohnungsbesitzerin? Tipp: Drittunterste Balkonreihe
Unser Eingang zur Linken

Was sofort auffällt, ist das es Panama City respektive ihren Bewohnern ökonomisch gut geht. Auch wenn es in CDMX eine unglaublich reiche Oberschicht geben mag, in der Breite macht den Panameños in Zentralamerika niemand so einfach was vor. Die Infrastruktur ist richtig gut und die Leute scheinen frei verfügbares Einkommen für Konsum aller Art zu haben.

Analog zum Zürcher Seebecken haben die Panameños die Cinta Costera. Immer gut besucht mit Spaziergängern und Sportlern. Nur die Aussicht ist ein bisschen anders… 😅

Der öffentliche Verkehr mit eigener Metro und gut organisierten Buslinien funktioniert hervorragend. Nicht das sich ein Einheimischer darin verirren würde, wenn er sich ein Auto leisten kann, aber dennoch.

Über Panama kann man nicht sprechen, ohne den Panama Kanal zu erwähnen. Nur schon die Zahlen sind beeindruckend; jährlich durchqueren ihn Güter im Wert von ca. 280 Milliarden US-Dollar, die direkten Einnahmen für den panamaischen Staat aus den Durchfahrtsgebühren beliefen sich 2022 auf 2.5 Milliarden US-Dollar und mit allen Nebeneffekten verantwortet der Kanal knapp 8% des gesamten Bruttoinlandproduktes des Landes. Es wird geschätzt, dass fast ein Viertel des gesamten Staatseinkommens direkt oder indirekt vom Kanal abhängt. Das hört sich nach einem Klumpenrisiko an und ist es wohl auch. Wenn man aber bedenkt, dass Panama über die letzten 15 Jahre eine Wachstumsrate von 5.7% ausweisen konnte, scheint die Wette aufzugehen. Das ist mit Abstand die höchste Wachstumsrate Zentralamerikas und das von einem vergleichsweise hohen Startniveau aus. Was also vor etwas mehr als fünfhundert Jahren mit dem Camino Real begonnen hatte, ist heute einer DER Dreh- und Angelpunkte des globalen Welthandels. Well done, Panama!

Da konnte ich es mir natürlich nicht verkneifen, mir die ganze Sache mal aus der Nähe anzuschauen. Der Besuch des Informationszentrums an der Miraflores-Schleuse war interessant, vor allem der IMAX-Film eindrücklich, wenn auch ein bisschen gar Propaganda-lastig. Aber nochmals, die Panamaer sind wirklich stolz auf ihren Kanal und haben sich den über Jahrzehnte von den US-Amerikanern zurückerkämpft. Erst 1999 wurde der Kanal wieder souveränes Staatsgebiet von Panama, bis dahin war er unter Kontrolle der USA.

Verständlich, dass verbale Drohungen eines gewissen Herr Trumps zur Rücknahme des Kanals auf wenig Gegenliebe stossen

Aufgrund Renovationsarbeiten war das Informationszentrum doch eher übersichtlich. Also noch näher ran! Am besten, indem man den Kanal gleich selbst befährt. Wird angeboten, also gebucht:

Bereits der grosse Umladehafen an der Einfahrt zum Kanal ist beeindruckend. Viel Fracht geht über die Eisenbahn, um durch weniger Tiefgang Wasser im Schleusenbetrieb zu sparen
Wir durften uns der STI DAMA MAJURO anhängen, ein Schiff der «Panamax» Klasse.
In der Schleuse ist dann gut zu erkennen, weshalb die Klasse «PanaMAX» heisst. Kaum ein Blatt Papier passt zwischen Schiff- und Schleusenwand…

Nach Erreichen von Gamboa ist die (spannende) Hälfte der Kanaldistanz geschafft und wir machen uns per Bus auf zurück nach Panama City. Und ja, nach diesem Erlebnis, angereichert mit unzähligen Hintergrundinformationen, kann ich nachvollziehen, weshalb der Panamakanal als eines der modernen Weltwunder gilt.

Ein weiterer Punkt der von der Kombination hohe Internationalität und frei verfügbares Einkommen profitiert, ist die Kulinarik. Während wir seit Mexiko kulinarisch gesehen eher eine Durststrecke zu bewältigen hatten, steht einem in Panama City die ganze Welt wieder offen. Und von dem haben wir auch reichlich Gebrauch gemacht…

Am besten startet der Abend auf einer der unzähligen Rooftops. Hier per Zufall unser eigenes… 😋
Der Mercado de Mariscos bietet eine unüberschaubare Anzahl an kleinen Restaurants, natürlich mit frischen Meeresfrüchten. Hier in Begleitung von Lu & Jamie.
Im Spanier gabs stilecht Bacalau-Filet, ein Gedicht!
Die Nikkei Fusion Küche macht das MaiMai berühmt, die Cocktails sind aber auch nicht von schlechten Eltern
Indisch ist nur im Neonlicht echt. Wir waren die einzige nicht «grosse Gruppe indischer Männer» und entsprechend lecker war es!
Das «Les Mecs» hat die Biere der panamaischen Kultbrauerei Casa Bruja im Angebot, Daumen hoch. Super cooler Garten und falls man es nicht mehr nach Hause schafft, das Waldorf Astoria ist gleich nebenan…
Auf den Tag genau vor sieben Jahren sind wir auch bereits im Lazotea im Casco Viejo gesessen. Gute Dinge werden nicht alt… ❤️

Fazit

Man hat es vielleicht bereits herausgespürt; Panama hat mich in den Bann gezogen. Was für ein vielfältiges Land, welch freundliche Bewohner! Das erste Mal, dass ein Völkchen in die Nähe der mexikanischen Offenheit und Herzlichkeit kommt. Wobei die panamaische Bevölkerung auch unglaublich divers ist, was zur Anziehung noch beiträgt.

Und wir haben noch nicht mal alles gesehen; neben der Península de Azuero mit Cambutal und Venao sollen auch Feste wie der Carneval oder Ostern von den Panamesen sehr ausgelassen gefeiert werden. Ein Grund zurückzukommen?