Eine Zugreise, die ist lustig… oder so?
Nach einem weiteren Tag in der Industriestadt Perm, die ihre spärlichen touristischen Attraktionen bis zum Maximum ausgereizt hat, packen wir unseren Back-Pack (mittlerweile sind Beat und ich stolze Besitzer eines Bachelor in Backback-Packing…) trippeln wir weiter zum nächsten Bahnhof.
Erste Klasse Tickets sind gebucht und wir sind gespannt, was das in sibirischen Standards wohl heissen mag. Zuerst heisst es sicher einmal, dass wir auf sechs weitere Schweizer Touris treffen, klar zu erkennen an der neonfarbenen Regenjacke und den verschüchterten Blicken… Zwar kein Wodka trinken mit den russischen Fahrern, dafür selbst gemischter Cuba Libre aus dem eigenen Fresspäckli im Schwiizer-Grüppli schlürfen – auch gut 🙂

Nicht das Four Seasons aber immerhin, es schläft sich deutlich besser im kuscheligen Zweierwagon (….was ein nicht kuscheliger Vierer-Wagon mit russischem Omi und sibirischem Lastwagenfahrer-Look-Alike im Gegensatz dazu heissen kann, werden wir glücklicherweise erst im nächsten Zug erfahren..).
Krasnojarsk, 10.07.2014
Auf dem Bahnsteig erwartet uns Anatoli, unser Reiseführer. Zwar ca. 15 Jahre älter als auf dem Foto von unserem Infoblatt, aber umso sympathischer. Mit seinem astreinen Englisch finden wir schnell heraus, dass Anatoli scheinbar einer der richtigen Self-Made-Man in Sibirien ist, der sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sein eigenes Business als Tourguide aufgebaut hat und sich darin mit Herz und Seele verschrieben hat. Auch wohnen wir in seinem eigenen Hostel, piick-sauber und gut ausgestattet und er wird uns auch auf die acht-stündige (ja, ich habe auch ziemlich blöde geschaut) Wanderung im Nationalpark begleiten.


Für diejenigen, die mit der Region Krasnojarsk nicht viel anfangen können (wahrscheinlich die Meisten) hier ein paar Facts:
Die gesamte Region ist ca. Fünf mal so gross wie Frankreich, auf dem ganzen Gebiet leben jedoch nur drei Millionen Einwohner. Es ist der drittgrösste “Bundesstaat†der Welt und beherbergt unzählige Nationalparks von der grösse der Schweiz, die meisten davon sind grösstenteils für Besucher geschlossen.
Der Stolby National Park
Das Naturschutzgebiet liegt in der Nähe von Krasnojarsk, der Zugang zu dieser Stadt war bis zu den 90ern für Ausländer verboten. Es gibt neun bis zu 100 Meter Hohe Granit-Steinfelsen im Park, von denen man eine unglaubliche Aussicht auf die Schönheiten der Sibirischen Landschaft hat.

Soweit so gut, also los. Nachdem wir zwei Stunden durch eine Moskito-Wand gewandert sind (endloses Gefuchtel und Geklöne unsererseits inklusive), erklimmen wir etwa 1000 Treppen, bis einmal das Waldgebiet beginnt. Anatoli ist die Ruhe selbst, erträgt ohne Wimpern-zucken die Moskitos und die Hitze – True Tough Siberian halt – und erzählt uns Geschichten rund um das Leben in Russland.

Wir wandern bergauf bergab, kraxeln über Steine und zwischen Schluchten bis wir um eine Ecke drehen und uns die Luft wegbleibt, diesmal nicht aufgrund der Anstrengung: Der Ausblick ist atemberaubend und uns wird schlagartig bewusst, dass wir uns Mitten im Nirgendwo befinden, hunderte Kilometer um uns herum nicht eine Menschenseele.. Der erste Aha-Moment unserer Reise hat mich zumindest ziemlich geflasht…


Einige Stunden später sind wir total erledigt aber happy wieder im Hostel, Beat sieht aus wie ein Bienenstich-Türtli und ich kann nicht mehr aufrecht gehen… aber, schöns wars trotzdem 🙂
















