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Panama – Verbindung zweier Welten

Wie immer beginnen wir mit einer längeren Reise, auf der man sich das neue Land verdienen darf. In diesem Falle von San Jose, Costa Rica, auf die Isla Colón im Archipel von Bocas del Toro; Busreise ins Grenzort Sixaola ca. 5 Stunden, Passieren der Grenze nach Guabito ca. 1 Stunde, Fahrt in den Hafenort Almirante 1 Stunde, ein bisschen Warten auf die Lancha 1 ½ Stunden, Fahrt mit der Lancha 40min und zur Auflockerung nach der harten Pritsche ein paar gemütliche Abschlussbewegung (20min) mit unseren handlichen Rucksäcken in 30 Grad Celsius und 80% Luftfeuchtigkeit. Alles in allem mit Umsteigen etc. verdichtet auf kompakte 10 Stunden Reisegenuss.

Unser Bus in San Jose: Aussen besser erhalten als innen, aber kein Problem, da haben wir anderes gesehen. Die Umgebung der Busstation war schon eher schwierig… 😅
Pflichtfoto: Niemandsland zwischen Costa Rica und Panama

Nuuun gut, es hat uns niemand gezwungen! Und wie bereits erwähnt, auf den Reisetagen ist manchmal ein bisschen Durchhaltewillen vonnöten. Trotzdem ist es meiner Meinung nach die beste Art zu reisen, denn nur in den öffentlichen Verkehrsmitteln kriegt man einen Einblick wie sich das lokale Leben wirklich abspielt. In dieser Weltregion ist ein Auto auch heute noch für viele Leute ein unerschwingliches Luxusgut, entsprechend gut benutzt bis überfüllt ist der öffentliche Verkehr. In Panama sind wir sehr konsequent damit gereist und haben Shuttles erst in Betracht gezogen, wenn der Zeitunterschied Faktor 2 – 3 überschritten hätte. Wobei sich die Shuttles von den öffentlichen Collectivos vor allem durch weniger Zwischenhalte und einen garantierten Sitzplatz unterschieden haben. In der Theorie zumindest.

Nun ja, für den Titel «Dorf des Jahres» wird es Almirante wohl knapp nicht reichen aber siehe rechts all die Kühlcontainer mit dem Chiquita Logo. Schon der erste Hinweis…
Die Lancha ist beladen, wir könnten los. Der Capitán vermutlich aber noch in der Bar im 1ten Stock…

Bocas del Toro – Der Bananenarchipel

Bocas del Toro ist ein aus unzähligen Inseln bestehender Archipel an der Nordgrenze Panamas zu Costa Rica. In der westlichen Geschichtsschreibung vor allem deshalb von Bedeutung, da die United Fruit Company (heute Chiquita) hier über längere Zeit ihren zentralamerikanischen Hauptsitz hatte. Heute ist es eine beschauliche Inselgruppe mit paradiesischen Stränden und einer freundlichen Bevölkerung, die eine sehr karibische Lebensart pflegt. You better Belize it… 😎


United Fruit Company aka El Pulpo

Wenn man über Zentralamerika spricht, kommt man um die UFC oder United Fruit Company nicht herum. Über fast hundert Jahre hinweg hat die UFC Zentralamerika so kontrolliert wie wohl noch keine kommerzielle Firma vor oder nach ihr eine Weltregion. Vielleicht mal abgesehen von der britischen East India Company in Indien. Die Kombination von unendlich verfügbarem Kapital der aufstrebenden US-amerikanischen Weltmacht mit einer kleinen korrupten Elite an der Spitze der zentralamerikanischen Staaten hat das Experiment eines komplett unreguliertem Kapitalismus ermöglicht. Die Regeln der UFC waren auf ihren Plantagen Gesetz. Und wenn man bedenkt, dass z.B. im Falle von Guatemala in den 50iger Jahren ca. 42% der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche des Landes der UFC gehörten, kann man sich ausmalen, was das im Alltag für die Bevölkerung bedeutet hat.

Ein Bananenfrachter in Almirante, direkter Nachkomme der «Great White Fleet»

Aber auch die regierende Elite hatte schnell nichts mehr zu lachen. Wer sich nur im Ansatz gegen die Interessen der UFC stellte, wurde diszipliniert oder gleich ganz entmachtet. Honduras und Guatemala sind nur zwei Beispiele, in denen die Regierung durch eine von der UFC orchestrierte Invasion gestürzt wurde. Daher der Begriff Bananenrepublik.

An dieser Stelle ist nicht genug Platz die ganze Geschichte zu beleuchten aber der Einfluss der UFC auf die zentralamerikanischen Länder kann nicht überschätzt werden. Und wird noch lange nachwirken…


Den Aufenthalt hatten wir uns auf zwei Inseln aufgeteilt, die Hauptinsel Colón sowie die direkt gegenüberliegende kleine Schwester Carenero. Auf der Hauptinsel liegt als einzige Wohnsiedlung Bocas, das namensgebende Dörfchen des Archipels. Es ist sehr überschaubar aber glänzt mit karibischem Charme, einer entspannten Lebensweise und ist auch gut gemischt, sprich Locals und Touristen halten sich etwa die Waage. Anders als es in Costa Rica zu beobachten war. Und überhaupt nicht übermässig dreckig, wie wir vorab mehrfach lesen mussten. Klar war nicht alles piekfein sauber aber mit Nicaragua verglichen war das schon ziemlich aufgeräumt. Einzig die sehr einfachen Behausungen auf Carenero waren häufig mit Müll umgeben, es war aber auch sehr sehr arm dort und wir haben auf Fotos verzichtet. Mit dem Pineapple House hatten wir eine sehr einfache aber zweckmässige Behausung und als Highlight (keine Ironie) direkt neben dem Flugfeld gelegen. Echt spektakulär die Anflüge und das zum Anfassen nahe! Mein Vater als Flugzeugfan hätte seine wahre Freude daran gehabt.

Jeglicher Verkehr sowohl auf als auch zwischen den Inseln findet verständlicherweise mit dem Boot, der Lancha, statt, auch ein «Krankenboot» gibt es. Die Preise sind überschaubar, ein US-Dollar pro Person um von Colón nach Carenero zu kommen. Für die Locals wird es noch ein bisschen günstiger sein und wenn man bedenkt, dass auch die Cola-Dose im Supermarkt ein US-Dollar kostet, vermutlich verschmerzbar. Muss es aber auch sein, denn als Landperson fiel es mir echt schwer zu begreifen, wie grundlegend dieses Transportmittel hier ist. Es gibt sie in allen Formen und Farben, irgendwo hat jeder eine Lancha stehen. Und es wird für eigentlich alles ins Boot gesprungen, x-Mal am Tag.

Unterwegs hat unser Kapitän noch kurz seinen Kollegen den Schreiner abgeholt und irgendwo wieder abgesetzt. Ohne Boot nix los in Bocas del Toro.
Nachts im Dunkeln auf unsere Insel zurück? Kein Problem! Die Lancha war im Dunkeln gefühlt sogar schneller. 🤪

Manchmal hat man schon das Gefühl, dass man auf einer solchen langen Reise ein bisschen abstumpft ob all der unglaublichen schönen Orte, die man sieht… 😜

Oh, schon fast verdrängt aber ein Thema darf leider nicht unerwähnt bleiben. Unsere wunderschöne zweite Unterkunft, das TropicalArts, liegt auf Carenero. Wie ich herausfinden durfte, besteht Carenero aus einem sehr dünnen Strandabschnitt, dann ein bisschen bepflanzter Erde und der ganze innere Teil der Insel ist ein Sumpf.

So sieht Carenero im Innern aus

Nun gut, könnte man einwenden, du musstest ja nicht im Sumpf übernachten, lieber Beat, du hattest ein Bett? Long story short, ich weiss nun, weshalb dieser Abschnitt der Karibikküste Mosquito Coast heisst. Nichts, aber auch gar nichts (ja du bist gemeint, AntiBrumm Tropical mit 50% DEET) hat diese Biester abgehalten.

Irgendwo bei 30 Stichen hat Martina aufgehört zu zählen

Höchste Zeit für den nächsten Abschnitt, das lieblichst kühle Boquete auf 1200m ü. M.!

Auf Wiedersehen, Tropenparadies Carenero!
Unterwegs nach Chiriquí Grande, wer hät’s gedacht, per Boot 😉

Boquete – ein Stück Schweiz in Panama?

Wow, was für ein Traumort! Die Berglandschaft der Schweiz, Breitengrad-bedingt ein Tick grüner, vom Bächlein bis zu Flüssen, gepaart mit der den Panameños eigenen Offenheit und Freundlichkeit. Eine grossartige Kombination! Und siehe da, in der Kühle der grünen Hügel schwellen auch die Mosquito-Stiche schnell wieder ab.

Was gibt es hier zu tun? Neben dem Aufsaugen der frischen Luft vor allem Wandern und die Kulinarik geniessen. Ich bin nicht der erste der Boquete’s Vorzüge erkannt hat, entsprechend gross ist die Expat Community, die sich hier niedergelassen hat. Diese wiederum brachte kulinarische Einflüsse aus der ganzen Welt mit, es lässt sich hier also hervorragend speisen.

Obenstehendes Foto ist aus dem Restaurant Ngädri (Sprache der Indigenen Ngäbe, übersetzt Wurzel oder Herkunft), das typisch panamaische Gerichte modern interpretiert. Das Konzept des «Farm to Table» oder «Km 0» ist hier weit verbreitet, dabei gilt es die Strecke zwischen Feld und Restauranttisch möglichst kurz zu halten. Das nur saisonale Zutaten verarbeitet werden, versteht sich von selbst. Bestens geeignet, um sich zum Geburtstagsessen ausführen zu lassen. Apropos Geburtstag; Martina hat eifrig an ihrer «beste Partnerin aller Zeiten» Auszeichnung gewerkelt, nach dem Essen gings gleich weiter ins Barcade!

Barcade. Fragen?

Die wunderschöne Umgebung will erkundet werden, dies haben wir zu Fuss und per eBike erledigt. Als Wanderung haben wir uns für den überschaubar anstrengenden Pipeline Trail entschieden, da meine Leisten wegen des vielen Mosquito-Giftes in den Beinen noch ein bisschen geschwollen waren. Nichtsdestotrotz ein toller Ausflug, auch für Wander-verwöhnte Schweizer. Das wahre Highlight aber war der eBike Ausflug! Seit meinem ersten kurzen Versuch am Lützelsee (Danke @DonToni) wollte ich immer Mal eine längere eBike Tour unternehmen. Gesagt, getan!

Fast mühelos durch Kaffeeplantagen zu brettern hat schon was…

Stichwort Kaffeeplantagen: Für was Boquete eigentlich wirklich berühmt ist, ist sein Kaffee. Ende des 19. Jahrhunderts haben europäische Einwanderer diesen in der Region eingeführt und auch gleich die dazu notwendige Infrastruktur (sprich Plantagen) aufgebaut. Heute ist Boquete vor allem auf Spezialitätenkaffee fokussiert, allen voran die in Asien sehr beliebte Sorte Geisha. Da kann das Kilo auch mal 14’000 US-Dollar kosten. Wir haben uns die Kotowa Farm angeschaut und natürlich auch den Geisha probiert.

Der Lebenszyklus einer Kaffeepflanze aus einer Hand. Eine grenzgeniale Ko-Kreation unseres Guides und der Hoffotografin Martina
Beim Kaffeerösten verstehen die Kollegen keinen Spass. Infrarot-Temperaturmesser ist ein Muss.

Unsere Erkenntnis aus der kolumbianischen Zona Cafetera wurde uns ein weiteres Mal bestätigt; alles, was über den Röstgrad «hell» hinausgeht, kann sich wenig bis keine erkennbaren Geschmackseigenschaften erhalten. Unserem Guide war es aber wichtig darauf hinzuweisen, dass dies kein Beinbruch sein muss. Meist trinke er ganz normalen Arabica in Röstgrad «mittel», weil das in seinem Kopf als «der Kaffee» abgespeichert sei. Zu speziellen Anlässen dürfe es dann aber auch speziellere Kaffeesorten sein. Röstgrad «hell» natürlich.

Boquete Downtown ist nicht gerade eine Schönheit aber überschaubar und zweckmässig. Ein Trottoir hätte nicht geschadet…
Nicht Boquete-spezifisch sondern überall auf der Reise das gleiche; Wasser besorgen und in kleinere Behältnisse umfüllen.

Nach meinem Geschmack war unsere Zeit in Boquete viel zu schnell vorbei! Vielleicht wollte mir das Schicksal einen extra Tag spendieren und hat deshalb unser gebuchtes Shuttle nicht kommen lassen? Wir werden es wohl nie erfahren, konnten aber immerhin einen Ersatz für den darauffolgenden Tag organisieren und unser Hotel hatte sogar noch ein Zimmerchen frei. Was begehrt das nach acht Monaten tiefenentspannte Reiseherz mehr? Gell, Tiinchen… 😉

Santa Catalina – Pazifisches Surfertown Nummer 13

Dank Boquete waren meine inneren Cool Packs wieder aufgeladen, Zeit für ein bisschen Strandfeeling. Diesmal gerne in der Variante «abgelegen». Unser Wunsch sei uns Befehl! Santa Catalina erfüllt alle Kriterien dafür: direkt an der Küste, unter tausend Einwohner, Häuser sehr verstreut entlang einer Strasse (das bekannte Muster hier in Zentralamerika) und ein gefühltes Lebenstempo von knapp über Null. Aber wirklich (!) nur knapp.

Irgendwo im Nirgendwo. Nach Sona hörten die asphaltierten Strassen dann mal auf…
Das ist die Hauptstrasse durch das Dorfzentrum. Yep, mehr is’ nich…
Inspektööör Sssquuiid schreitet zur Kontrolle unserer Cabinas

Die Hauptattraktion von Santa Catalina sind, neben der Abgeschiedenheit und der damit einhergehenden Ruhe, die Wellen (yep, Surfer) und die Insel Coiba. Für knapp 90 Jahre war die Insel das panamaische Alcatraz mit einem Schuss Île du Diable von Papillon. Also einfach der Ort, auf dem man auf keinen Fall landen wollte, für viele Opfer der Diktaturen von 1968 bis 1989 aber traurige Realität. Alles hat jedoch zwei Seiten und in diesem Fall hat sich aufgrund der militärischen Sperrzone bis 2004 eine einzigartige Flora und Fauna erhalten. Komplett ohne menschliche Einflussnahme und deshalb seit 2005 UNESCO Weltkulturerbe. Klar, wer da als Erstes in die Flossen gestiegen ist!

Aus historischer Sicht wäre ein Besuch der Gefängnisüberreste auf der Insel interessant gewesen. Da sich meine Mittouristen leider mehr für den Schnorchel- anstatt den Geschichtsausflug begeistern konnten, hätte ich alle fünf Plätze selbst bezahlen müssen, Kostenpunkt ca. 580 US-Dollar. Das fand ich jetzt sogar für unser schweizerisch üppiges Reisebudget ein bisschen viel…

Schwer zu schlagen diese Ruhe und Aussicht
Traumhafte Sonnenuntergänge an der Strandbar inklusive

Trotz unseres fortgeschrittenen Alters haben wir es am Samstagabend an den wöchentlichen Pflicht- (und einzigen) Anlass von Santa Catalina geschafft; die Party im Oasis Surfcamp! Lustig wieder mal zwischen all den Backpackern zu feiern (wir haben herausgefunden, es gibt einen ganz spezifischen Backpacker-Style für GenZ’s) und wir durften Jamie & Lo kennenlernen. Ein mega herziges Paar aus Bristol, in Panama City haben wir uns gleich nochmals getroffen für einen gemeinsamen Besuch des Mercado de Mariscos.

Einziges Einlasskriterium: Durchwaten des Surfcamp-eigenen Flusses

Valle de Anton – Valle de Millonarios

El Valle de Anton versprach mehr Boquete-Vibes und wir wurden nicht enttäuscht! Wie immer musste man sich sein Reiseziel aber verdienen, die dazu nötigen drei öV-Verbindungen waren eher abenteuerlich, einen guten Teil der ca. 7h langen Reise durfte ich, nennen wir es, «aufrecht gekrümmt» verbringen.

In einem Bus kann man gut stehen, in einem Minivan eher nicht…

Dank einer netten jungen Dame resp. ihrem Gepäck konnten wir nun endlich auch den «Chicken Bus» von unserer Reise-Todoliste streichen. PS: Das Wort wird von Einheimischen (verständlicherweise) nicht gerne gehört, da als abwertend wahrgenommen.

Endlich!
Der Abzweiger Richtung Valle de Anton, irgendwo an der legendären Panamericana

Was lange währt wird endlich gut und nach der Ankunft wurden wir von unserer super tollen Finca begrüsst! Vermutlich meine favorisierte Unterkunft der gesamten Reise, mal abgesehen von unserem Neschtli in Cozumel bei Elisabeth. Da hat einfach alles gepasst; ein wunderschönes Haus zur Mitbenutzung, eine nette Besitzerin, grosse Zimmer, eine richtig kalte Dusche für nach dem Wandern und ein liebevoll gepflegter Umschwung der in angenehmer Temperatur genossen werden konnte. Eins a.

Die Lage von Valle de Anton ist auch gleichzeitig seine Hauptattraktion; das Dorf liegt in einem erloschenen Vulkankrater! Ich habe mir das einiges karger vorgestellt, dank «nur» 600m ü. M. ist aber alles extrem grün.

Valle de Anton von Kraterrand herab. Da unten versteckt sich das Dorf, man sieht es vor lauter Grün nur nicht 😂

Es eignet sich entsprechend gut zum Wandern und von dieser Möglichkeit haben wir auch reichlich Gebrauch gemacht! Es gibt sehr gut unterhaltene Wanderwege für jeden Fitnesslevel und der Wind bläst über die Kuppe was das Zeug hält. Neben dem kühlenden Effekt hat sich das als leicht trügerisch herausgestellt und wir haben uns beide den wohl ersten Sonnenbrand auf dieser Reise geholt. Nach monatelangem genüsslichem Lästern über die krebsrot gebrannten Gringos war uns das ein bisschen peinlich…

Der Blick vom Kraterrand herunter Richtung Pazifikküste. Wunderschön.

Da das Dorf von Panama City aus in nur zwei Stunden zu erreichen ist, haben sich viele wohlhabende Panamaer hier eine Wochenendresidenz gebaut, um sich von der heissen Stadt zu erfrischen. Ziemlich krass an was für Villas man hier vorbeiläuft, und die richtig Grossen sieht man gar nicht da jeweils auf einem grossen Gelände hinter Hecken verborgen.

Eines der kleineren Anwesen an der Avenido los Millonarios. Der Name ist Programm.

Auch dieses Dörfchen ist zwar sehr linear um die Hauptstrasse angeordnet aber verzweigt sich ein bisschen mehr in Seitenstrassen. Mit der immergrünen Umgebung und der angenehmen Temperatur hat mir Valle de Anton einen sehr stimmigen Eindruck hinterlassen. Gerne wieder!

Portobelo

Den Reisebericht halten wir diesmal kurz, auch deshalb, weil ich das erfahrene akustische Trauma nicht nochmals aufwärmen möchte. Unseren letzten Abschnitt legten wir in einem sehr kreativ umgebauten Schulbus zurück; die hinterste Sitzreihe wurde mit einer Monsteranlage ersetzt, die dem Hive durchaus gerecht geworden wäre. Zumindest was den Schallpegel angeht.

Seid froh, ist das ein Foto. Und kein Video…

Einmal angekommen durften wir unser gelungenes Airbnb beziehen, vermutlich die beste Unterkunft im ganzen Dorf! Portobelo selbst ist ein super herziges Städtchen von knapp fünftausend Einwohnern und liegt in einer wunderschönen Bucht an der panamaischen Karibikküste. Diese geschützte Lage ist auch der Grund für Portobelos reichhaltige Geschichte. Heute ein fast vergessenes Dörfchen, war es zu Zeiten der spanischen Kolonialherrschaft neben Cartagena und Vera Cruz der einzig zugelassene Hafen, um mit der Neuen Welt Handel zu treiben. Über den Camino Real wurde jegliche Gold- und Silberausbeute aus den südamerikanischen Kolonien von Panama City nach Portobelo transportiert. Entsprechend gross waren die Warenströme, die durch diesen Ort flossen, der Festungsbau zeugt noch heute davon.

Die gut erhaltenen Festungsanlagen der Spanier, ein Fest für jeden Möchtegern-Archäologen!

Und es ist das erste Mal, dass Panama als Drehscheibe für den globalen Handel zwischen Pazifik und Atlantik in Erscheinung tritt. Was mit dem Panama Kanal bis heute seine Fortsetzung findet. Aber diese Zeiten sind längst vorbei, Portobelo wieder ein kleines verschlafenes Städtchen mit einem sehr geruhsamen Lebensrhythmus.

Strassenszene

Was aber geblieben ist, sind die Nachfahren der afrikanischen Sklaven, die hier während der Kolonialzeit in grosser Zahl eingesetzt wurden. Kombiniert mit der Abgeschiedenheit der letzten zwei, drei Jahrhunderte hat sich eine Art Zeitkapsel gebildet und es entstand eine ganz eigene Afro-karibische Kultur. Einzigartig genug um als UNESCO Weltkulturerbe anerkannt zu werden. Da während unseres Aufenthaltes leider keine Festlichkeiten stattgefunden haben, konnten wir dies nicht allzu explizit erleben, aber es war durchaus spürbar.

Alles sehr karibisch hier.

Aufgrund der Abgeschiedenheit hat sich auch die Natur gut erhalten und die Bucht ist von einem unberührten Mangrovenwald umgeben. Unser kettenrauchender Lieblings-Pizzaiolo Francesco ist neben studiertem Ethnograf auch Touristenführer und hat uns durch den Mangrovenwald zu seinem geheimen Strand geführt. Inklusive vielen interessanten Erklärungen zur Umgebung und seinem Leben.

Schwer zu erkennen aber sogar einen weiblichen Oso Perezoso mit seinem Nachwuchs konnten wir erspähen. Ein weiteres Beispiel für «Panama – das bessere und günstigere Costa Rica»
Auf dem Weg durch den Mangrovenwald mit Francesco und seiner Hündin Italia (kein Scherz)
Sonnenuntergang Apero mit ein paar Dosenbier. Manchmal braucht es so wenig…

Alles in allem ein sehr liebenswertes Fleckchen Erde für einen kurzen Aufenthalt. Über längere Zeit würde es vielleicht ein bisschen langweilig werden, aber das gilt ja für die meisten dieser kleinen Küstendörfer. Unser nächster und finaler (! 😱) Stopp ist da aus ganz anderem Holz geschnitzt: Panama City.

Panama City

Bereits die Ankunft mit dem Überqueren der Puente de las Américas ist ziemlich episch, und dann die Skyline… Man merkt, dass wir nach all dem Dschungel und all den Stränden ausgehungert sind nach Big City Life. Alles wunderbare Natur aber eben auch ein bisschen eingeschränkt. Also haben wir freudig unser High Rise-Airbnb im 9ten Stock des The Gray-Towers in Bella Vista bezogen und uns ins Stadtleben gestürzt!

Wer erspäht die stolze Wohnungsbesitzerin? Tipp: Drittunterste Balkonreihe
Unser Eingang zur Linken

Was sofort auffällt, ist das es Panama City respektive ihren Bewohnern ökonomisch gut geht. Auch wenn es in CDMX eine unglaublich reiche Oberschicht geben mag, in der Breite macht den Panameños in Zentralamerika niemand so einfach was vor. Die Infrastruktur ist richtig gut und die Leute scheinen frei verfügbares Einkommen für Konsum aller Art zu haben.

Analog zum Zürcher Seebecken haben die Panameños die Cinta Costera. Immer gut besucht mit Spaziergängern und Sportlern. Nur die Aussicht ist ein bisschen anders… 😅

Der öffentliche Verkehr mit eigener Metro und gut organisierten Buslinien funktioniert hervorragend. Nicht das sich ein Einheimischer darin verirren würde, wenn er sich ein Auto leisten kann, aber dennoch.

Über Panama kann man nicht sprechen, ohne den Panama Kanal zu erwähnen. Nur schon die Zahlen sind beeindruckend; jährlich durchqueren ihn Güter im Wert von ca. 280 Milliarden US-Dollar, die direkten Einnahmen für den panamaischen Staat aus den Durchfahrtsgebühren beliefen sich 2022 auf 2.5 Milliarden US-Dollar und mit allen Nebeneffekten verantwortet der Kanal knapp 8% des gesamten Bruttoinlandproduktes des Landes. Es wird geschätzt, dass fast ein Viertel des gesamten Staatseinkommens direkt oder indirekt vom Kanal abhängt. Das hört sich nach einem Klumpenrisiko an und ist es wohl auch. Wenn man aber bedenkt, dass Panama über die letzten 15 Jahre eine Wachstumsrate von 5.7% ausweisen konnte, scheint die Wette aufzugehen. Das ist mit Abstand die höchste Wachstumsrate Zentralamerikas und das von einem vergleichsweise hohen Startniveau aus. Was also vor etwas mehr als fünfhundert Jahren mit dem Camino Real begonnen hatte, ist heute einer DER Dreh- und Angelpunkte des globalen Welthandels. Well done, Panama!

Da konnte ich es mir natürlich nicht verkneifen, mir die ganze Sache mal aus der Nähe anzuschauen. Der Besuch des Informationszentrums an der Miraflores-Schleuse war interessant, vor allem der IMAX-Film eindrücklich, wenn auch ein bisschen gar Propaganda-lastig. Aber nochmals, die Panamaer sind wirklich stolz auf ihren Kanal und haben sich den über Jahrzehnte von den US-Amerikanern zurückerkämpft. Erst 1999 wurde der Kanal wieder souveränes Staatsgebiet von Panama, bis dahin war er unter Kontrolle der USA.

Verständlich, dass verbale Drohungen eines gewissen Herr Trumps zur Rücknahme des Kanals auf wenig Gegenliebe stossen

Aufgrund Renovationsarbeiten war das Informationszentrum doch eher übersichtlich. Also noch näher ran! Am besten, indem man den Kanal gleich selbst befährt. Wird angeboten, also gebucht:

Bereits der grosse Umladehafen an der Einfahrt zum Kanal ist beeindruckend. Viel Fracht geht über die Eisenbahn, um durch weniger Tiefgang Wasser im Schleusenbetrieb zu sparen
Wir durften uns der STI DAMA MAJURO anhängen, ein Schiff der «Panamax» Klasse.
In der Schleuse ist dann gut zu erkennen, weshalb die Klasse «PanaMAX» heisst. Kaum ein Blatt Papier passt zwischen Schiff- und Schleusenwand…

Nach Erreichen von Gamboa ist die (spannende) Hälfte der Kanaldistanz geschafft und wir machen uns per Bus auf zurück nach Panama City. Und ja, nach diesem Erlebnis, angereichert mit unzähligen Hintergrundinformationen, kann ich nachvollziehen, weshalb der Panamakanal als eines der modernen Weltwunder gilt.

Ein weiterer Punkt der von der Kombination hohe Internationalität und frei verfügbares Einkommen profitiert, ist die Kulinarik. Während wir seit Mexiko kulinarisch gesehen eher eine Durststrecke zu bewältigen hatten, steht einem in Panama City die ganze Welt wieder offen. Und von dem haben wir auch reichlich Gebrauch gemacht…

Am besten startet der Abend auf einer der unzähligen Rooftops. Hier per Zufall unser eigenes… 😋
Der Mercado de Mariscos bietet eine unüberschaubare Anzahl an kleinen Restaurants, natürlich mit frischen Meeresfrüchten. Hier in Begleitung von Lu & Jamie.
Im Spanier gabs stilecht Bacalau-Filet, ein Gedicht!
Die Nikkei Fusion Küche macht das MaiMai berühmt, die Cocktails sind aber auch nicht von schlechten Eltern
Indisch ist nur im Neonlicht echt. Wir waren die einzige nicht «grosse Gruppe indischer Männer» und entsprechend lecker war es!
Das «Les Mecs» hat die Biere der panamaischen Kultbrauerei Casa Bruja im Angebot, Daumen hoch. Super cooler Garten und falls man es nicht mehr nach Hause schafft, das Waldorf Astoria ist gleich nebenan…
Auf den Tag genau vor sieben Jahren sind wir auch bereits im Lazotea im Casco Viejo gesessen. Gute Dinge werden nicht alt… ❤️

Fazit

Man hat es vielleicht bereits herausgespürt; Panama hat mich in den Bann gezogen. Was für ein vielfältiges Land, welch freundliche Bewohner! Das erste Mal, dass ein Völkchen in die Nähe der mexikanischen Offenheit und Herzlichkeit kommt. Wobei die panamaische Bevölkerung auch unglaublich divers ist, was zur Anziehung noch beiträgt.

Und wir haben noch nicht mal alles gesehen; neben der Península de Azuero mit Cambutal und Venao sollen auch Feste wie der Carneval oder Ostern von den Panamesen sehr ausgelassen gefeiert werden. Ein Grund zurückzukommen?

Costa Rica

Costa Rica ist bekannt für «Natur- und Erlebnisurlaub» und ein äusserst beliebtes Reiseziel, vor allem für Touristen aus Europa und den USA. Es gilt gemeinhin als sehr sicher, mit wunderschönen Stränden und einer Vielzahl von Nationalpärken, Wasserfällen sowie einer riesigen Biodiversität an Flora und Fauna. Der «Pura Vida Lifestyle» ist mittlerweile weltweit bekannt und passt gut zur Ferienlaune. Er basiert auf dem von Locals häufig genutzten Ausdruck, der vieles bedeutenden kann, aber mehrheitlich die Entspanntheit und Positivität der Ticos unterstreichen soll.

Costa Rica ist somit ein Traumziel für den «etwas abenteuerlustigen» Westler – gerne auch 70+, der noch nie zuvor in Südamerika war. Gekleidet ganz ala Galapagos-Manier im beigen Ganzkörper-Tarnanzug (natürlich mit Safari-Hemd, Reisverschluss-abnehmbaren Hosen, Feldstecher und «Explorer-Schlaphut»), der zwar kein Wort Spanisch spricht, dafür viele Dollar-Nötli in seinem klausicheren Portemonnaie um den Hals schwingen hat (die er auch zu Hauf brauchen wird, später dazu mehr).

Zynismus beiseite… Das Marketing-Team der Costa-ricanischen Reisebehörde hat offensichtlich in den letzten Jahren einen hammermässigen Job gemacht. Tourismus wurde der wichtigste ökonomische Sektor in diesem Land, rund 25% der arbeitenden Bevölkerung stehen im Zusammenhang mit Tourismus. Vom Hörensagen her ahnten wir, dass sich unser Trip durch Costa Rica etwas anders (also touristischer) gestalten könnte wie unsere bisherige Reise. Aber ich war vor 15 Jahren bereits einmal in Costa Rica, dazumal mit EF, am Rande eines verschlafenen Dorfes und ich war begeistert vom lokalen Lifestyle. Es war alles noch ziemlich «rustikal» soweit ich es in Erinnerung hatte, viele Ticos und wenige Hotels und Restaurants. Was kann sich also schon gross verändert haben in dieser Zeit, dachte ich…?

«Im Nachhinein ist man immer schlauer…» diesen Satz habe ich ein paar Mal gemurmelt während unserer drei Wochen hier – aber alles der Reihe nach…

Monteverde

Unsere erste Station ist in Monteverde – das gleichnamige Dorf zum danebengelegenen Nationalpark bestehend aus einem riesigen Nebelwald. Es ist neben La Fortuna eines der zwei bekanntesten Natur-Gebiete im Norden von Costa Rica und wir dachten, es ist der passende Startpunkt für unseren Reise. Damit waren wir offensichtlich auch nicht die Einzigen…. Mit unserem super organisierten Touri-Büsli sind wir von Liberia in unser kleines AirBnB am Dorfrand chauffiert worden, vorbei an unzähligen Hotels, Hostels und Restaurants. Die Unterkunft war sehr basic, aber wir hatten unser Budget sicherheitshalber schon mal reduziert, im Wissen um die noch kommenden hohen Gebühren für Parkeintritte und Touren. Wir zahlten trotzdem noch einen saftigen Preis für diese Sch***-Hütte, als wir von irgendwelchen Viechern in unserem Bett in der Nacht gebissen/gestochen worden sind, sodass wir nur noch flüchten konnten und die Unterkunft wechseln mussten. Notabene unsere erste derartige Erfahrung während drei Weltreisen, die Stiche jucken nach fast 2 Monaten immer noch… Meegagruuusig ja sorry ich weiss – soviel zum ersten «im Nachhinein ist man immer schlauer»…

Aber nun zum Nebelwald! Wie der Name bereits verrät, ist es ein immergrüner Jungle, voller Leben und – wie nicht anders zu erwarten – nasskalt 😉Die Hauptattraktionen sind Hängebrücken und Ziplines, wo man aus verschiedenen Perspektiven die mystische Natur bewundern kann. Haben wir natürlich gemacht – zusammen mit ca. 1000 anderen Touristen – aber schön wars trotzdem.

 Den Bogen (respektive das Budget) haben wir dann etwas überspannt mit dem «Oso Perezoso Refuge». Das Nationaltier von Costa Rica mussten wir natürlich sehen, und da es eher scheu ist haben wir eine Auffangstation besucht, um die Tiere aus der Nähe zu beobachten. 40 USD pro Nase für 15 Minuten ein Tier in Zeitlupe zu beobachten, fanden wir dann doch eher happig…

Den «Real Deal» fanden wir dann schon eher in der Bird-Watcher-Tour, die sich Beat gewünscht hat. In Gedanken ganz bei unserem Familienmitglied aka Vögeli-Fründ Roli, konnten wir diese Gelegenheit natürlich nicht ungenutzt lassen! Die «serious Birders» sind also ein ganz spezielles Völkchen, sie führen sogar weltweite Ranglisten, wer die meisten Vögel in welcher Region gesichtet hat – genannt E-Bird, its a real thing 😊. Als totale Anfängerin fand ich es einfach nur herzig, wie sich Erwachsene mit einer solchen Begeisterung und Hingabe dem Gefieder hoch oben in den Bäumen widmen können. Ich musste schon schmunzeln, als die Gruppe mit ihren teuren Stativen und Ferngläser ganz aufgeregt hin und her gehuscht ist, weil sich offenbar ein Quetzal-Pärchen im Avocado-Baum gezeigt hat. Wir kennen den Mythos um den seltenen Vogel aus Guatemala – als Nationaltier und gleichzeitig heiliger Vogel der Maya. Insofern durften wir auch von diesem «Birder-Must-See» profitieren – jetzt können wir in Ruhe sterben 😉.

Eine kleine Stärkung zwischendurch mit einem traditionellen Casado musste natürlich sein. Das Nationalgericht enthält Reis, Bohnen, Bananen und Huhn – was auch die Grundzutaten für so ziemlich jedes andere Gericht in Costa Rica sind, soviel dazu 😉

 Santa Theresa

Nach so viel Natur (und Silber-Touristen) kam für uns die nächste Station im hippen Surfer-Town an der Pazifik-Küste gerade richtig. Wir haben uns dort zwei Wochen in einem coolen AirBnB einquartiert, damit Beat sich seinem Crypto-Projekt widmen konnte. Ich habe mich in der Zwischenzeit mit dem wunderschönen Strand, Yoga und Tauchen beschäftigt. Am Abend haben wir dann zusammen den grandiosen Sonnenuntergang und das vielseitige Bar- und Foodie-Angebot genossen – also win win win würde ich sagen 😉.

Was uns aber auch hier aufgefallen ist – oder respektive die Abwesenheit davon – ist das lokale Leben. Santa Theresa zieht sich entlang einer staubigen Strasse gesäumt von Hippie-Strandkleider-Shops, stylischen Cafés und ein paar kleineren Supermärkten. Es ist wieder alles nur auf Touristen ausgelegt, man sieht quasi keinen Tico, ausser während ihrer Arbeitszeit als Fahrer, Kellner, Verkäufer etc. Auffallend häufig sind die eigentlichen Besitzer der Restaurants israelischer Herkunft, wir hatten sogar eine Art Synagoge gleich neben unserem Wohnort. Die jüdische Community ist allgemein stark vertreten in Costa Rica, gleich gefolgt von Chinesen, die scheinbar das Monopol auf Mini-Super-Märkte haben und eine grosse Argentinische Diaspora, die mehrheitlich in den Kleiderläden zu arbeiten scheinen. Alles sehr international durchmischt – aber eben sehr wenig Ticos. In mehreren Gesprächen haben wir dann erfahren, dass es für die lokale Bevölkerung aufgrund der explodierenden Preise schlicht unmöglich ist, in den Touristenorten auch zu leben. Das Problem der Gentrifikation haben wir nun schon ein paar Mal angetroffen in Zentralamerika, aber noch nie in einem solchen Ausmass. Seit Covid seien die Preise hoch geblieben, die zusätzliche happige Mehrwertsteuer von 13% treibt die Lebenserhaltungskosten für alle in die Höhe. Während damit scheinbar ein gutes öffentliches Schul- und Gesundheitssystem finanziert wird, hapert es bei der Infrastruktur. Costa Rica ist bekannt für die schlechten Strassen, auch Strom- und Wasserunterbrüche hatten wir in einer Frequenz wie nirgends sonst auf dem Kontinent. Für mich persönlich ist Costa Rica ein Ort der Gegensätze – quasi eine Art «teures Naturpark-Disneyland» für Touristen, von dem aber die lokale Bevölkerung nicht zu profitieren scheint. Wir werden auch überraschend häufig von Ticos gewarnt wegen der mangelnden Sicherheit – was uns ironischerweise in Mexiko nie passiert ist… Das hat mich doch eher überrascht, aber wie sagt man so schön; «im Nachhinein….»

San Jose

Bevor wir uns auf den Weg in die Hauptstadt machen, gibt es noch einen Zwischenstopp in Paquera – unser erstes lokales Dörfchen, wo wir auch mit dem öffentlichen Verkehr hinreisen. Dies inklusive der üblichen Annehmlichkeiten wie 1 Stunde aufs Colectivo warten, gefühlte 40 Grad im Bus und Beat musste stehen für eine Stunde, weil überfüllt – aber wir (und unser Budget) wollten es ja so 😉

Neben der Explorer-Lust gibt es eigentlich nur einen Grund, an diesem Ort Zwischenhalt zu machen und nicht gleich wieder die Fähre zu nehmen, welche die Halbinsel Nicoya mit dem Festland verbindet – und zwar die Biolumineszenz. Als grösster Fan aller Meereswunder musste ich das natürlich sehen! Aufgrund einer chemischen Reaktion, die bei der Wasserbewegung in lebenden Organsimen (in diesem Fall Plankton) entsteht, fangen diese an zu leuchten. Was ein interessanter biochemischer Vorgang ist, sieht in der einfach nur magisch aus. Wir waren in der Nacht auf 2-er Kayaks unterwegs und bereits unser Padel zog einen langen Schimmer hinter sich her. Ich konnte es natürlich nicht lassen und bin samt Kleider und Schuhen ins Wasser gesprungen – es war wirklich ein zauberhaftes Erlebnis – also wirklich wie Disney Land 😉  

Unsere Handy-Kameras konnten die Erfahrung leider nicht richtig einfangen. Aber das Beispielbild kommt der Realität ziemlich nahe.
Wieder auf der Fähre zurück von der Halbinsel

San Jose

Die meisten Reiseführer raten ab von einem Besuch in San Jose, weil es nicht viel zu sehen gäbe und die Sicherheit vor allem am Abend je nach Quartier nicht gerade die Beste ist. Wie üblich wollten wir uns aber trotzdem einen eigenen Eindruck verschaffen und haben es nicht bereut! Zugegeben, die Gegend am Busterminal ist wirklich nicht so schön und uns war auch bei Tag schon mulmig – aber nichts was sich nicht mit einer sofortigen Uber-Bestellung lösen lässt 😉

Wir hatten wieder richtig Lust auf Stadt-Feeling nach so viel Strand und Natur (haha ja sorry ich weiss, spoiled brats) und San Jose hat einige coole Quartiere und Museen, die es zu entdecken gibt. Geschweige denn von unzähligen Restaurants und Bars, die wir natürlich inspizieren mussten. Wir machten eine richtig coole Walking Tour, wo wir auch den Markt besuchten. Endlich wieder mal ein typisch Lateinamerikanischer Mercado, wo es wuselt und lebt, wo man von Heilkräutern über Hühner zu Küchenutensilien alles kaufen kann und wir waren wieder umgeben von Locals – ich liebe einfach diese Atmosphäre! Wir fanden San Jose also definitiv eine Reise wert, auch wenn es vielleicht nicht für jeden Geschmack ist.

Nach diesem gelungenen Aufenthalt haben wir aber entschieden, es gut sein zu lassen mit Costa Rica und haben uns gegen einen weiteren Stopp an der Karibik-Küste entschieden. Wir sind also wieder in den Bus gestiegen, dieses Mal Richtung Panama, und Herr Kuster hat so einiges zu dieser Reise zu erzählen im nächsten Beitrag 😉

Nicaragua

Nach der sehr aktiven, bunten und spannenden Zeit in Guatemala stand uns der Sinn wieder Mal nach einem längeren Aufenthalt. Ein Kollege hatte dafür auch bereits den passenden Tipp auf Lager; San Juan del Sur in Nicaragua! Das würde aber heissen, dass wir sicher El Salvador und eventuell auch Honduras auslassen. Hhhmm, schwierige Frage…

El Salvador als das berüchtigtste Land Zentralamerikas in Bezug auf seine Bandenkriminalität (mit Maras wie MS-13 und Barrio 18) und zweifelhaften Auszeichnungen wie «tödlichste Stadt der Welt 2015» stand nicht besonders hoch auf unserer Liste, aber Honduras? Eine kurze Recherche zeigt, dass Honduras nicht gerade mit Must-see’s gesegnet ist, aber die zwei Karibikinseln Utila und Roatán für Martinas Tauchgelüste durchaus von Interesse sein könnten. 😉 Die Strecke von der Hauptstadt Tegucigalpa in den Fährhafen La Ceiba ist mit 400km resp. optimistischen sieben Stunden Busfahrt eher lange. Und sollten wir die letzte Fähre verpassen, spricht das aktuell dort herrschende Emergency Law gegen eine gemütliche Übernachtung… Ok, Nicaragua it is! Wir buchen uns einen Flug mit der Backpacker-Budget-freundlichsten Airline, in diesem Falle TACA (noch nie gehört aber die fliegen, das können wir bezeugen 😂), und siehe da! Wir kommen dank einer Zwischenlandung auf dem Aeropuerto San Óscar Arnulfo Romero y Galdámez doch noch in den Genuss eines (wenn auch sehr kurzen) Aufenthaltes in El Salvador.

Aeropuerto San Óscar Arnulfo Romero y Galdámez in seiner vollen Pracht

Exkurs El Salvador

El Salvador hat mich dann nicht ganz losgelassen, bin ich in den letzten Jahren doch immer wieder über Informationsbrocken gestolpert. Mehrheitlich im Zusammenhang mit den Bitcoin Abenteuern seines jungen und eher exzentrischen Präsidenten Nayib Bukele. Auch die Menschrechtslage ist aufgrund seines sehr harten Durchgreifens gegen die Maras sehr schwierig. Mit 1.8% der Gesamtbevölkerung hat El Salvador eine der höchsten Inhaftierungsraten der Welt, es kommt zu Massenverhaftungen und Personen werden Jahre ohne Gerichtsverfahren festgehalten, etc. etc. Und seit Anfang 2025 werden Kinder in Gefängnisse für Erwachsene gesteckt, was mir doch sehr problematisch erscheint.

ABER, und das war mir nicht bewusst, die Sicherheitslage hat sich extrem verbessert! Aus den 6’700 Mordfällen in 2015 wurden 114 im Jahr 2024. Wow… Das muss bei einer Politik der Repression nicht zwingend der Fall sein, siehe als abschreckendes Beispiel den «War on Drugs» des mexikanischen Präsidenten Felipe Calderón. In El Salvador jedoch scheint sich die Zivilgesellschaft mithilfe des sehr unzimperlichen Einsatzes der Sicherheitskräfte so etwas wie einen Alltag zurück erkämpft zu haben.

Hätten wir das Land also doch besuchen sollen? Obwohl es für Touristen heute sicher zu sein scheint, ist es immer noch eine sehr verletzte Gesellschaft und das Regime des netten jungen Nayjb auch nicht über alle Zweifel erhaben. Ich überlasse das jedem persönlich, ob diese Mischung für einem stimmt, ich für mich selbst bin mir da nicht sicher.


San Juan del Sur

Nach der Landung in Managua ging es direkt nach San Juan del Sur, diesmal im durch unser Airbnb vorab arrangierten Privattransfer. Man gönnt sich ja sonst nichts als Backpacker… 😇 Die gut zweieinhalbstündige Autofahrt verging wie im Flug. Wir mögen ein, zwei Mal eingenickt sein, waren aber auch bereits seit 04:30 auf den Beinen. Und vielleicht besser bei der Fahrweise unseres 120kg Luis Hamilton. Zwei Dinge sind sofort ins Auge gestochen; die Leute sind hier um einiges ärmer als in Guatemala, den ersten Pferdewagen zum Warentransport haben wir ca. 10min ausserhalb von Managua angetroffen. Und der Plastikmüll ist leider allgegenwärtig, egal ob am Strassenrand, in den Dörfern oder auch am Malecon von Granada.

Das idyllische Fischerdörfchen San Juan del Sur, unser Zuhause für die nächsten zwei Wochen

Mein Ziel für diese zwei Wochen war, mein Blockchain Projekt so weit wie möglich voranzutreiben. Am Ende sollten funktionierende Smart Contracts stehen und diese auf einer realen Blockchain deployed sein. Spoiler Alert: Das hat geklappt… 💪

Viel wichtiger, wie hat mein Büro / Martina’s Lounge denn ausgesehen? Martina hatte, wie so häufig, ein glückliches Händchen bei der Auswahl unserer Unterkunft bewiesen und diese hatte alles, was es für zwei angenehme Wochen braucht!

Eine super schöne Anlage mit Pool (leider nie gebraucht, sorry Thomy) und in Gehdistanz zum Dorf, Flussquerung mit Fährman inklusive.

Gegen den verschmerzbaren Obulus von 10 NIO (knapp 25 Rappen) konnte man trockenen Fusses übersetzen

Wir haben uns so wohl gefühlt, dass wir fast vergessen haben, nicht zu Hause in der Schweiz zu sein. Oder waren wir vielleicht ein bisschen in der Schweiz?

Bratherdöpfel, Spiegelei und Tagesschau

Meiner Einschätzung nach ist San Juan del Sur eine der bekannteren Tourismusdestinationen von Nicaragua, vor allem bei Surfern ein sehr beliebter Ort. Abseits der Hauptverkehrsachsen hört es dann aber schnell auf mit asphaltiert.

Die Strasse vom Airbnb zur nächstgelegenen Tienda, Regen bringt den extra Spassfaktor

Das kann man natürlich auch zu seinem Vorteil nutzen und mit dem ATV über sandige Pisten brettern!

Der ATV ging überraschend gut, auch bei 60 Km/h (wer es denn wollte) ging noch was!

Der damit zu erreichende Strand Playa Hermosa trägt seinen Namen also zu Recht! Und der Beach Club war einfach nur super, trotz der maximal abgelegenen Lokation. Toll, fünf Sterne.

Allgemein hatte die Umgebung von San Juan del Sur ihren Reiz; sehr hügelig und bewaldet. Und immer ein tolles Windchen, was mir persönlich exzellent gefallen hat. Irgendwie erinnerte mich es an die Pazifikküste von Rivieria Nayarit. Nun gut, ist ja auch Pazifikküste, einfach ein bisschen südlicher.

Und ja, die Sonnenuntergänge laden zu verlängerten Aperos ein 😋
Vor allem, da mit dem Cerveza Artesanal (Craft Beer) eine meiner Leidenschaften einen grossen Sprung gemacht hat, seit wir die Region 2018 das letzte Mal länger bereist haben

Fazit: Ein sehr angenehmer Aufenthalt, um wieder mal zwei Wochen ein bisschen von der Reise zu pausieren und zu «arbeiten». Arbeiten nicht im Sinne bezahlter Arbeit sondern konzentrierter kognitiver Tätigkeit auf ein Ziel ausgerichtet. Das hat mir unglaublich viel Spass gemacht und diese Kombination ist für mich ein prägendes Merkmal dieser dritten längeren Reise.

San Juan del Sur kann man nun nicht gerade als Schönheit bezeichnen aber die Einwohner sind nett, wenn auch etwas zurückhaltend, und trotz eher einfacher Infrastruktur hat das Dörfchen seinen Charme. Einzig der allgegenwärtige Müll ist schade, barfuss am Strand würde ich nicht empfehlen, sogar eine gebrauchte Spritze haben wir im Sand angetroffen.

Granada

Nach der relativen Abgeschiedenheit von San Juan del Sur durfte es wieder ein bisschen mehr Stadt sein. Perfekt, dass mit Granada die «Kulturhauptstadt» in nur zwei Autostunden zu erreichen ist! Ein wunderschönes Kolonialstädtchen, gelegen am grossen Lago Cocibalco.

Aussicht von der Catedral de Nuestra Señora de la Asunción über den Hauptplatz auf die Stadt
Der Malecon ist hübsch und lässt erahnen, wie gross der Lago Cocibalco wirklich ist…

Auch unser Hotel war im Kolonialstil gehalten und unglaublich herzig, können wir uneingeschränkt weiterempfehlen!

Der Hotelname «con Corazón» war Programm und es hat sich der Jugendförderung verschrieben; jeglicher erwirtschafteter Gewinn wird für die Bildung lokaler Jugendlicher verwendet. Wie wir auf der Walking Tour (später dazu mehr) erfahren mussten, ist dies auch dringend nötig. In Nicaragua sind nur die ersten sechs Jahre Grundbildung kostenfrei, die Oberstufe muss von den Familien selbst bezahlt werden. Die dafür nötigen 10 – 20 USD im Monat mögen uns als keine grosse Hürde erscheinen, Nicaragua ist aber das ärmste Land, das ich persönlich jemals bereist habe. Mit einem (kaufkraftbereinigten) BIP pro Kopf von ca. 9’300 USD befindet es sich in der Gemeinschaft von Angola und Djibouti, da kommt es auf jeden Dollar an.

Kaum im Hotelzimmer angekommen, musste meine Reisegenossin einen herben Schreck verkraften; beim Ausziehen ihres Schuhes fiel ein Skorpion heraus! 😱

Ein Abschiedsgruss aus San Juan del Sur?

Bei näherer Betrachtung hat es sich zum Glück als die Haut eines Skorpions herausgestellt. Da muss sich während unserer letzten Nacht in San Juan del Sur jemand ein gemütliches Plätzchen zur Häutung gesucht haben.

Nachdem der Puls wieder auf ein einigermassen gesundes Niveau gesunken war, machten wir uns auf, die Stadt zu entdecken. Und wow, Granada ist wirklich sehr hübsch und lädt zum Schlendern ein!

Die hiesige Prachtstrasse heisst La Calzada und ist der gesellschaftliche Mittelpunkt von Granada

Kirchen sind das kulturelle Hauptexportgut Granadas, hier ein paar besonders schöne Exemplare:

Eines unserer Highlights war (wie so häufig) die Walking Tour, da man nicht nur das Städtchen kennen lernt, sondern, wenn man ein bisschen Glück hat und neugierig ist, auch ganz viel von einem Local über sein Alltagsleben erfahren kann. In Nicaragua gestaltet sich das ein bisschen schwieriger, da es sich nur vordergründig um eine Demokratie handelt. Meine Jugendhelden der Sandinisten haben sich leider korrumpieren lassen, sitzen seit fast 20 Jahren fest im Sattel der Macht und haben Nicaragua zu einer knüppelharten Diktatur umgebaut. Überall gibt es Spitzel und entsprechend ist es nicht weit her mit der freien Rede. Nachdem einem ersten «Abtasten» hat unser Guide aber erstaunlich ehrlich über die Situation gesprochen, wenn auch nur kurz und in sicherer Entfernung zu jeglichen anderen Einheimischen. Die Repression der letzten Jahre war hart, besonders seit den Protesten im Jahre 2018, bei denen schätzungsweise 300 Leute erschossen wurden. Die Wirtschaft stagniert, die Clans rund um Präsident Ortega reissen die wertvollen Unternehmen an sich und die Leute fürchten sich vor den nächsten «Wahlen». Jetzt verstanden wir auch besser, weshalb die Leute zwar freundlich aber ein bisschen distanziert sind. Mit Ausländern zu sprechen sei nicht unbedingt zu empfehlen und politisches auf jeden Fall zu vermeiden. Die Tour war dennoch sehr informativ und wir lernten viel über die Exportgüter Zigarren & Rum. Und der abschliessende Besuch auf dem lokalen Markt brachte uns wieder auf weniger bedrückende Gedanken, denn wer nicht mit einem Grinsen aus dem Tohuwabohu eines zentralamerikanischen Marktes herausläuft, dem ist nicht mehr zu helfen…

Wer findet die Obwaldnerin im Bild?
Ein romantisches Dinner bei Kerzenschein oder Stromausfall? Vielleicht ein bisschen von beidem… Die Locals sind es sich gewohnt und nehmen es mit stoischer Ruhe hin.

Aber auch der Besuch der Museos Convento San Francisco oder die Kayaktour durch die Isletas de Granada waren spannend. Die Inseln sind heute noch mehrheitlich von Einheimischen bewohnt, auch unser Guide ist auf einer solchen aufgewachsen. Als Jugendlicher darf man dann schon mal vierzig Minuten in die Schule rudern. Benzin ist teuer und rudern gesund. 😛 Immer mehr Inseln werden jedoch von Expats gekauft und somit der Community entzogen. Irgendwie schade aber aufgrund der aktuell herrschenden Situation kann ich die Verlockung von ein paar Hunderttausend Dollar gut nachvollziehen…

05:49: noch ein bisschen verschlafen, aber guten Mutes Richtung Bushaltestelle

Die Grenze zwischen Nicaragua und Costa Rica war nicht besonders spektakulär, sicher aber einer der längeren Grenzübertritte unserer Reisegeschichte. Es gab jeweils zwei prall gefüllte Hallen zu durchwarten, einmal Ausreise und einmal Einreise.

Im «Niemandsland» zwischen Nicaragua und Costa Rica. Wir dachten, wir hätten die Hälfte geschafft. Falsch gedacht 😅

Nun gut, auch diese zwei Stunden+ Schlange stehen gingen vorbei, zusammen Warten eint und mit ein bisschen Glück findet man sich in einem interessanten Gespräch wieder. Diesmal mit einem Schweizer Arzt, der Ende der Neunziger Jahre für ein gutes Jahrzehnt an der nicaraguanischen Karibikküste in einer Klinik gearbeitet hat. Null Infrastruktur aber sehr viel Idealismus; eine sehr inspirierende Lebensgeschichte!

Próxima Parada: Costa Rica!

Guatemala

Ich bin zugegeben mit gemischten Gefühlen in CDMX ins Flugzeug gestiegen. Es war wohl eine Kombination aus wenig Schlaf, Mexiko nicht verlassen wollen, Weihnachtstag mit ein bisschen Heimweh und nicht recht wissen, was ich in Guatemala zu erwarten hatte… Aber das gehört halt zu einer solchen Reise dazu und ich war mir sicher, das nächste Grinsen war wie immer nicht allzu weit entfernt – und es hat auch schon gleich beim Abflug gestartet 😊 Der Landeanflug auf Guatemala City war schon mal beindruckend mit der Weitsicht auf alle Berge und Vulkane.

Antigua

Da all unsere Recherchen sicherheitstechnisch gegen einen Aufenthalt in Guatemala City gesprochen haben, buchten wir unsere erste Unterkunft entsprechend im Touristen-Hub Antigua. Die gesamte Reise hatte reibungslos funktioniert, sodass wir sogar einen traditionellen Weihnachtsumzug anschauen und uns ein feines Abendessen mit klassischen «Carne Asado» gönnen konnten.

Antigua an sich ist echt ein herziges Städtchen mit ca. 65’000 Einwohner im Hochland auf ca. 1’500 Meter. Mit der gut erhaltenen kolonialen Architektur ist Antigua UNESCO Weltkulturerbe und entsprechend beliebt bei Touristen, es erinnerte mich ein wenig an San Cristobal in Mexiko. Was gleich auffällt ist, dass neben den internationalen Gästen die Mehrheit der lokalen Bevölkerung traditionell gekleidet ist. Wenig überraschend, da Guatemala das Herzstück der modernen Mayakultur repräsentiert. Die Stadt ist umgeben von Bergen mit einer direkten Sicht auf den Volcano de Agua mit 3’750 Meter Höhe. Dass wir ein paar Tage später auf diesen tatsächlich herunterschauen würden, wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht 😉

Kulinarisch hat Antigua einiges an Varietät zu bieten und wir entdecken die lokale Küche. Als gefühlt «gourmetverwöhnte Mexikaner» können wir uns aber nicht so recht für das guatemaltekische Essen begeistern – und wir finden bald heraus, dass sich Guatemala nicht zufällig auf «panza mala» reimt…naja…

Lago Atitlán

Ein paar Stunden im Touribüsli mit affentempo entlang kurvigen Strassen später, sind wir in Panajachel angekommen, dem Eintritts-Hafen zum Lago Atitlán. Wir haben bewusst auf den lokalen «Chicken Bus» verzichtet, weil unsicher / umständlich / «undichbinaltundwäg50stutsmuesismirnümegäh» oder so ähnlich 😉 Dieser «mystische See» ist das tiefste Gewässer in Guatemala, unzählige kleine Dörfer säumen sich entlang dem verwinkelten Ufer und dahinter thronen die Vulkane, es hat wirklich etwas magisches.

Passend dazu hat es ein «Hippie-Dorf» namens San Marcos, wo dir die Taro-Karten bereits am Boots-Steg gelegt werden. Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen, gibt es quasi einen «Hippie-Tempel», genannt «Eagles Nest» ganz am Berg oben, mit epischer Yogaplattform, Community-Lifestyle, Breathwork, Moon-Rave, Öko-Busch-Toiletten und veganer Küche – denn Pilzli-Trips sind ja auch vegan oder? 😉

Keine Frage, da mussten wir natürlich hin!  Zuerst müssen wir aber mal dorthin kommen – was mit kleinen, lottrigen Fähren, viel Geschrei und viel beten, dass dein behelfsmässig befestigter Rucksack nicht ins Wasser fällt –  aber machbar ist. Dann nur noch vorbei an 3 Haschverkäufern und einer Hexe (ich schwörs!), noch gefühlt 1000 Treppen rauf entlang der Hinterhöfe von San Marcos und schon sind wir da.

Das einzige nicht hippie-mässige an diesem Ausflug waren die Preise – lago mio, das war die teuerste Übernachtung auf der ganzen Reise und wir haben es irgendwie mit Silvester gerechtfertigt… jaja… Es war aber wirklich ein Aufenthalt für sich und ist uns definitiv in Erinnerung geblieben – auch dank dem tollen Timing vom «panza mala» 😝

Weil dieser See aber wirklich ein Fall für sich ist, haben wir noch einige Tage in einem anderen Dorf verbracht und ihn von dort aus erkundet. Die Dörfer, insbesondere Santa Cruz de La Laguna, sind wirklich ein Besuch wert – die Touristen hier sind mehrheitlich aus Guatemala, was nochmal ein anderes Flair gibt. Wie bisher überall in Guatemala sind auch hier die Leute sehr freundlich, uns strahlt überall ein Lächeln entgegen und viele sind schön gekleidet und einen Kopf kleiner sind als wir, so wirkt alles einfach nur warmherzig.

Einige Strässchen sind schön rausgeputzt und farbenfroh.

Volcano de Atitlan – nochmal so einer, auf den wir bald runterschauen 😉

Quetzaltenago

Oder im Volksmund auch Xela gennannt, liegt auf 2’300 Meter etwa drei Stunden nord-östlich vom Lago Atitlan entfernt. Die zweitgrösste Stadt von Guatemala ist definitiv kein Touristen-Hub mehr, sondern eine lokale Bauernstadt, wo sich der guatemaltekische Alltag zeigt. Ich fand es überraschend ruhig für eine Stadt mit 180’000 Einwohner, die Luft wie überall bisher in Guatemala kühl und leider voller Abgase. Das ist allgemein so eine Sache in Guatemala. Es gibt keinerlei Gesetze zur Abgasregelung (ernsthaft) und das Land ist zwar sehr arm, aber es können sich trotzdem einige ein Auto leisten – wenn halt eben ein sehr altes, kaputtes und mit zero Luftfilterung. Der Verkehr ist enorm und mit der dünnen Luft auf über 2’000 Meter braucht es definitiv keine Zigi mehr zum Apéro… Wir sind mehrheitlich im Park gesessen, haben lokales Gebäck und Kaffee vertilgt und den Leuten zugeschaut – viel mehr kann man dort dann auch nicht machen 😉

Typische Kreuzung und Strassensituation gleich hinter dem Markt, es wuselt, raucht und lebt überall.

Unsere Route führt uns dann wieder zurück nach Antigua, da es der ideale Ausgangspunkt für das wahre Highlight unserer Guatemala-Reise ist…

Volcano Acatenango

Wenn man als Tourist in Guatemala unterwegs ist, geht es nicht lange, bis man das erste Mal diesen Namen hört – viele sind auch nur deswegen hierhergekommen. Der Vulkan-Komplex Horqueta setzt sich aus dem noch aktiven Fuego Vulkan und dem höchsten Gipfel von Guatemala auf dem Acatenango Vulkan mit fast 4000 Meter (3976 um genau zu sein) zusammen. Lange haben wir hin- und her überlegt, ob wir dieses Abenteuer wagen. Der Aufstieg dauert zwischen 4-6 Stunden um das Basecamp of 3400 Meter zu erreichen, abhängig von der Fitness und wie man den Höhenunterschied verkraftet. Dann «übernachtet» man im Camp – in Anführungszeichen, weil es nur Zelte und kleine Verschläge gibt, die Temperatur fällt unter 5 Grad in der Nacht. Am nächsten Morgen ganz früh geht’s an den steinigen Aufstieg bis zum Gipfel und man wird mit der gewaltigen Aussicht belohnt – so denn das Wetter gut ist.

Soweit zur Theorie, jeder Backpacker und unzählige Foren erzählen wilde Geschichten, ob/wie er oder sie es denn geschafft hat (oder auch nicht…), von mal besseren oder schlechteren Guides, vom ganzen Equipment und Wasser, dass man nach oben tragen muss und unisono von der eisigen Kälte auf dem Gipfel. Eins ist sicher: Alle sind ein bisschen nervös und haben Respekt vor dieser Herausforderung. Also konnten wir es natürlich auch nicht lassen, au wenn mir äs bitzli Schiss händ 😉. Wir wollten uns aber nicht völlig übernehmen und haben für etwas mehr Geld einen privaten Guide gebucht, um unser eigenes Tempo laufen zu können.

Und das hat sich ausgezahlt – wir sind in weniger als 4 Stunden oben gewesen, und haben am gleichen Nachmittag sogar noch den Gipfel erklimmt – das heisst, wir waren quasi alleine, rechtzeitig zum Sonnenuntergang dort oben und konnten es ohne Gedränge geniessen. Ich muss sagen, für mich persönlich war es etwas vom Schönsten, was wir auf all unseren Reisen erlebt haben – einfach nur WOW! Den Nachbarvulkan Fuego haben wir dann am Abend mit einer heissen Schokolade mehrfach mit lautem Donnern eruptieren sehen, das ist wirklich ein einmaliges Erlebnis. 

Aber WORTH IT! Hier nun die anderen Vulkane von Guatemala… von oben 😉

Auf die Zähne beissen hiess es dann nochmals am Abend, als wir mit mehreren Kleiderschichten im Schlafsack in unserem Hüttli fast erfroren sind (und aufs einzige Camp-Plumpsklo 100 Meter weiter unten willst du auch nicht um 3 Uhr morgen, glaub mir).

Am nächsten Morgen hiess es dann die paar tausend Meter steil wieder runter (oder eher so runter-rennen im Ski-Sitz), was am nächsten Tag mit dem gewaltigsten Muskelkater deines Lebens verdankt wird. Aber alles in allem war es ein wahnsinnig tolles Erlebnis und ein grossartiger Abschluss unseres Monats in Guatemala. Hier haben wir auch entschieden, den restlichen Teil unserer Reise in Zentralamerika zu verbringen, also heisst der nächste Stopp Nicaragua.

México mi Amor

Nach 3 Monaten Cozumel und einem Monat in Mexico City sind unsere «stationären» Aufenthalte für den Moment abgeschlossen und wir beginnen unsere Reise quer durch Mexico.

Ich kann es gleich schon vorwegnehmen: «Pinche Mexico the amo»! Was für ein wunderbares Land, reich an Kultur und landschaftlicher Vielfalt – die trotzdem alle eines gemeinsam haben: superfreundliche Einwohner mit viel Lebensfreude und immer für einen Schwatz aufgelegt. Natürlich sind wir uns bewusst, dass Mexiko viele politische, soziale und umwelttechnische Probleme hat und wir uns trotz allem «go local mindset» mehrheitlich auf touristischen, sicherheitstechnisch unbedenklichen Pfaden bewegen und somit nur einen Ausschnitt vom mexikanischen Alltag miterleben konnten – aber ich glaube, wir haben aber trotzdem einen guten Eindruck gewonnen und können das Land als Reise- oder Feriendestination wirklich empfehlen. Nun ein paar Details zu unserer Reise durch Mexiko und warum wir so von diesem Land begeistert sind.

Unsere Reiseroute hat uns quer durch Mexiko von Ost nach West geführt, entlang drei verschiedenen Gewässern (Golf von Mexiko, Karibisches Meer und Pazifik) durch die Staaten Yucatan, Quintana Roo, Campeche, Chiapas, Oaxaca, Jalisco und Nayarit.

But First Things First – Suizos en Mexico

Wir haben uns mega gefreut, dass Verwandte und Freunde die Gelegenheit genutzt haben, uns in Mexiko zu besuchen. Denise & Bas (Schwester von Beat und Partner) haben uns noch in Cozumel besucht und wir haben eine erlebnisreiche Woche miteinander verbracht. Beat und ich waren schon ein bisschen stolz, «unsere Insel» vorzeigen zu können und hatten mit Denise & Bas zwei super spontane und «für alles zu haben»-Gäste, um so auch gemeinsam noch neue Orte zu entdecken.

#UnterwegsMitDenNinios

Etwas ganz Besonderes für mich persönlich war, dass ich mit den beiden meinen ersten, offiziellen Einsatz als frischgebackene Instruktorin im Rahmen eines «Discover Scuba» hatte. Wir hatten viel Spass zusammen und die beiden haben das super gemacht – so gut, dass sie gleich darauf noch den Open Water Kurs im Rekordtempo abgeschlossen haben – Gratulation 😊

Ein paar Wochen darauf haben wir Isabelle & Stefan am Flughafen Cancun in Empfang genommen. Die beiden sind langjährige Freunde von uns und wir haben gemeinsam einen kleinen Roadtrip durch die Bundesstaaten Quintana Roo und Yucatan geplant. Gestartet in Puerto Morelos mit ein bisschen Sonne und Strand für die wintergeplagten Schweizer Besucher, gefolgt von ein bisschen Kolonial-Stadt Flair und Maya Ruine in Valladolid und Chichen Itza, gekrönt von einer relaxing Woche in Holbox hatten wir eine super entspannte und coole Zeit zusammen.

#WeLoveRoadTrips

Danke tuuusig an Denise, Bas, Isabelle und Stefan, dass ihr den Weg auf euch genommen habt, mit uns getrunken, gegessen und gefeiert sowie unser «Mexicosplaining» ertragen habt – ihr habt unsere Reise mit besonderen Erinnerungen erweitert.

Exkurs Beat

Es dürfte ein gutes Jahrzehnt her sein, seit ich Hanspeter bei unserem damaligen gemeinsamen Arbeitgeber IBM das letzte Mal gesehen habe. Und siehe da, kaum habe ich auf LinkedIn meine Reiseabsichten kundgetan, flattert auch schon eine Nachricht rein: «Falls du mal in Merida sein solltest, melde dich, LG Hanspeter». Gesagt, getan! Im September wurde ich von Hanspeter und seiner Frau Moni aufs herzlichste in ihrer neuen Bleibe in Merida empfangen. Neue Bleibe? Die zwei sind ausgewandert respektive in die Heimat von Moni zurückgekehrt. Wow, was für ein mutiger Schritt! Mit sehr viel Liebe haben sie ihr neues Zuhause von Grund auf neu aufgebaut; aus einer Ruine wurde ein wunderschönes Haus, ausgebaut nach ihren eigenen Vorstellungen. Wer die Fotos vom vormaligen Zustand gesehen hat, kann sich vorstellen, wie viele Stunden, Schweiss und Herzblut in das Projekt geflossen sind. Und zum Glück konnte sich Moni dank einer Mischung aus mexikanischen Wurzeln und schweizerischer Beharrlichkeit auf den Ämtern durchsetzen. Das Resultat lässt sich mehr als sehen und ich wünsche den Zwei noch viele glückliche Jahre in ihrer Casa Cuatro Vientos!

Der Kolonialstil ist wunderschön erhalten

Gleich gegenüber Hanspeter’s Haus gab es mit La Ruina eine richtig authentische mexikanische Cantina. Logischerweise mit haufenweise Botanas (~Aperohäppchen) zum Bier…. Merida hat einfach Charme. Punkt.

Proxima Parada – Campeche

Ein Golfcart, eine Fähre, drei Stunden Mietauto-Fahrt über gelöcherte Strassen mit Regen, eine kurze Nacht im Cheapo-Hostel in Playa und sieben Stunden Ado-Busfahrt später haben wir es von Holbox endlich nach Campeche geschafft. Dieser Reiseart im Stil von «der Weg ist das Ziel» wird uns auch im restlichen Teil unseres Mexiko-Erlebnisses begleiten. Das Land ist einfach riesig und logistische wie sicherheitstechnische Aspekte machen den einen oder anderen «Travel Day» etwas länger und umständlicher. Wir nehmen es aber mit Humor – es hat uns ja schliesslich niemand gezwungen, mit fast 40 nochmals als Rucksack-Tourist rumzurennen 😊

Campeche an sich ist herzig, ein rausgeputztes Kolonial-Städtchen mit farbigen Häuschen und vielen Amerikanischen Rentnern. Und frischen Scampi. Mit einer beindruckenden Maya Ruine, aber das wars dann auch schon. Man könnte drüber debattieren, ob es die Reise wert war – wir haben es unter «gesamtheitliche Entdeckungen» abgebucht 😉.

Proxima Parada – San Cristobal

Wir haben Back-Packer-Klassiker und Maya-Ruine Palenque bewusst ausgelassen, weil Beat schon mal dort war und es die bereits «etwas längere Reiseroute» nochmals verdoppelt hätte – somit hatten wir auf direktem Weg per Ado-Bus von Campeche nach San Cristobal nur 12 Stunden Busfahrt durch die Nacht… + 2 Stunden Verspätung… Hüstel… jaja, die Reise ist das Ziel usw…

Es «biitzeli frisch» war es, als wir um 10:00 Uhr morgens aus dem Bus gekrochen sind. Die «kulturelle Hauptstadt» von Chiapas heisst mit vollen Namen San Cristobal de Las Casas, liegt auf 2’200 Meter und hat somit knapp 20 Grad Temperaturabfall im Vergleich zu Campeche. Der Unterschied der zwei Städte könnte auch sonst nicht grösser sein. Zwar hat San Cristobal auch einen Stadtteil mit einer sehr schön erhaltenen Kolonial-Architektur, das Bevölkerungsbild ist jedoch ein ganz anderes.

Die Mehrheit der Einwohner in Chiapas setzt sich aus verschiedenen indigenen Maya-Gruppen zusammen, die sich auch über die Sprache (mehrheitlich Tzotzil, aber es gibt unzählige Dialekte) und Kleidung unterscheiden. Für den Aussenstehenden kaum zu unterscheiden, sieht man im Park Frauen und Männern mit verschiedenen Stoffen oder Accessoires, die jeweils die Zugehörigkeit zu einer Maya Gruppe sowie teilweise auch den sozialen Status definieren. Im Textilmuseum haben wir einiges über die kulturelle Bedeutung und Relevanz der traditionellen Wägetechniken gelernt, die in aufwendiger Handbreit auch heute noch gefertigt werden und auf den Märkten verkauft werden.

Hauptmarkt in San Cristobal mit unabhängiger Verwaltung

San Cristobal ist ebenfalls ein Zentrum für den politischen Aktivismus. Der Bundestaat Chiapas ist seit den 60ern geprägt von Unabhängigkeit-Bewegungen, geführt von links-politischen, indigenen Gruppen die für mehr Rechte und Gleichheit kämpfen. Spätestens mit der Zapatisten-Bewegung 1994 wurde die revolutionären Aktivitäten in der Weltpresse bekannt. Bis heute sind gewisse Teile von Chiapas autonom verwaltet und können ihre Regulatorien selber bestimmen. Der Staat Mexico hat keine anerkannte Richtbarkeit, Polizei und Militär sind in dieser Gegend nicht gerne gesehen. Chiapas ist aber auch der ärmste Bundestaat in Mexiko mit fast 30% der Bevölkerung, die in extremer Armut leben. Die gemeinsame Grenze mit Guatemala bringt zusätzliche Herausforderungen auf verschiedenen Ebenen. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – haben wir in San Cristobal einen besonderen Vibe gespürt. Ein bisschen rebellisch, ein bisschen revolutionär, es hat uns irgendwie an das Baskenland in Spanien erinnert.

Von politischem Aktivismus auf der Walking Tour, über Street Art oder klaren Statements auf den Bierflaschen in der Cerveceria – San Cristobal war ein vielschichtiger Stop auf unserer Reise und hat uns beiden sehr gut gefallen – trotz der Kälte 😉

Proxima Parada: Oaxaca & Puerto Escondido

Ein weiteres, 14-stündiges «Bustürli» später erleiden wir wieder einen Temperatur-Schock, als wir an der Pazifik-Küste vom Bundestaat Oaxaca im Surfer-Hippie-Town Puerto Escondido unseren geliebten Ado-Bus verlassen. Diese Station haben wir bewusst gewählt, um eine 10-tägige «Pause» einzulegen – das Rucksack-Reisen ist ja nicht immer nur entspannend 😉 Unsere Recherche über Puerto Escondido war durchzogen mit 50:50 reviews – die einten liebten diesen Ort, die anderen hassten ihn – also wollten wir es selbst herausfinden. Der Ort (eigentlich eine Stadt mit 30’000 Einwohner, aber für mexikanische Verhältnisse ist das quasi ein besseres kleines Beach-Kaff) erstreckt sich über eine lange Bucht mit einem donnernden Wellengang – und ist somit einer der top Surf-spots in Mexiko. Der Surf-Lifestyle dominiert auch den Alltag – der Vibe ist sehr entspannt, überall laufen halb-nackte, zottelige Surfer-Boys und Girls herum, Locals sowie Touristen (und auffällig viele Europäer, wo anderswo in Mexiko eher Amerikaner überrepräsentiert sind). Stylische Cafés und Bars, Surf-Kurse, Vegan-Bowls und Yoga-Studios finden sich an jeder Ecke – alles ein bisschen versifft, aber cool – halt wie die Surfer 😉. Der Strand ist richtig sauber und schön, auch wenn aufgrund der Wellen nur mit ein bisschen Mut und bis maximal unter die Hüfte «schwimmbar». Und wow, der Sonnenuntergang am Pazifik hat es also in sich. Ich bin ja nicht so die Romantikerin – aber die Skyline am «Atardecer» ist wirklich atemberaubend. Täglich versammelt sich der ganze Ort um diesem Spektakel beizuwohnen und die Stimmung ist wirklich magisch. Falls die Frage noch unbeantwortet blieb – wir gehören zu den 50%, die Puerto Escondido ebenfalls mega cool fanden 😊. Während des Tages haben wir uns die Zeit mit der Erarbeitung unseres «Life Designs» vertrieben – ein spannender Ansatz von zwei Professoren aus Stanford, womit man quasi den zukünftigen Lebensplan anhand der Prinzipien vom Produkt Design entwickelt. Kann man, muss man aber nicht – denken wohl so einige – aber wir wollten die Zeit, Gelegenheit und Musse nutzen, wenn wir schon mal einen so «freien Kopf und baumelnde Seele» haben nach mehreren Monaten Reisen.

Nach dem «Strandurlaub» hüpften wir auch schon wieder in unseren Bus um in die gleichnamige Hauptstadt von Oaxaca zu fahren. Und erneut ändert sich die Szenerie – wir befanden uns wieder in einem hübschen Kolonial-Städtchen . Notabene auch die Geburts-Region von Benito Juarez, ehemaliger, erster indigener (Zapoteco) und sehr populärer Präsident von Mexiko – nach ihm sind bis heute Flughäfen, Strassen und Dörfer in Mexiko benannt. Entsprechend hat die Stadt auch kulturell etwas zu bieten – aber der wahre Zauber von Oaxaca geht durch den Magen 😉 Oaxaca ist DIE Foodie-Destination von Mexiko. Mit unzähligen Michelin-Sterne-Restaurants und Kochschulen versammelt sich die kulinarische Elite von Mexiko an diesem Ort – unter anderem, um das «Signature Dish» der Region zu kreieren: Die Mole. Übersetzt heisst das «Sauce», ist aber weit mehr als das. Verschiedenste Zutaten (Nüsse, Samen, Chillis, Früchte, Cacao, Käfer etc.) und Zubereitungstechniken bringen eine Unzahl von verschiedenen Saucen in allen Farben (gelb, rot, grün, braun, schwarz etc.) und Geschmacksrichtungen mit sich – allen gemein ist, dass sie sehr intensiv im Geschmack sind und somit nicht alle ein Fan davon sind – inklusive mir. Ich wollte es trotzdem genauer wissen und habe einen ganztägigen Kochkurs auf einer Farm gemacht, was wirklich ein interessantes Erlebnis war.

Meine bessere Hälfte hat sich währenddessen auf die eigenen Stärken besinnt und sich eine Mezcal-Tour gegönnt, denn auch die Destillerien sind ein Wahrzeichen von Oaxaca. Um die gefüllten Bäuchlein wieder etwas abzuflachen, haben wir noch eine Wander-Tour durch das Bergland von Oaxaca gemacht, was auf 3000 Meter Höhe atemberaubend war – aus mehreren Gründen 😉.

Proxima Parada : Jalisco und Nayarit

Dieses Mal mit dem Flugzeug, begeben wir uns beim nächsten Abschnitt wortwörtlich auf «neues Terrain». Obwohl dies unser vierter Aufenthalt in Mexiko ist, haben wir es noch nie bis an den westlichsten Punkt geschafft (von Baja California mal abgesehen). Den Tipp für die «Rivieria Nayarit» haben wir von unserem Spanisch-Lehrer in Mexiko City erhalten. Weitgehend für die Europäischen Touristen unbekannt, welche meistens die Ostküste rund um Cancun bereisen, ist Puerto Vallarta quasi das «Mexikanische Florida» für die nördlicheren US-Amerikaner und Kanadier. Ich würde sie zwar eher als «Gringos Jubilados» und «Snowbirds» bezeichnen.. Diese, nennen wir es mal sozio-ökonomische Gruppe, schwappt wie eine «nordische Silberflut» gegen Süden. Im Klartext: Pensionierte Amis, die sich im günstigen Mexiko eine Sommerresidenz gekauft haben, um den kalten Wintern in Wisconsin und Co zu umgehen. Wohl Mittelständer im eigenen Land, sind sie mit ihrem Budget fast schon Könige im Süden. Entsprechend sind Orte wie Puerto Vallarta in Jalisco mit Sea-View Apartments, Senioren-freundlichen Ausflügen, Diner-Schuppen und guten Autobahnen auf diese Zielgruppe ausgerichtet – wir waren altersmässig definitiv unter dem Durchschnitt, mal was anderes 😉 Diese Gentrification ist überall in Mexiko präsent und bringt entsprechende Probleme für die lokale Bevölkerung mit sich – aber das Thema ist komplex und das ist nicht der richtige Platz für diese Diskussion (und ich will mir keinen wüsten Kommentar von meiner guten mexikanischen Freundin einfangen 😉).

Naja – wenig überraschend waren wir vom Vibe dieses Ortes nicht sehr angetan – was wir aber geahnt und deshalb bereits einen Mietwagen reserviert hatten, um schnell und unkompliziert in den Nachbarstaat Nayarit zu kommen, wo mit Sayulita und San Pancho wieder eine chillige Surfer-Atmosphäre auf uns wartete.

Wie bereits in Puerto Escondido hat uns die Mischung aus Beachbar, Chill und Yoga sehr gut gefallen – dieses Mal etwas tropischer, da der Jungle in Nayarit direkt ans Meer stösst und sich so die kleinen Dörfer noch einen Tick mehr abgelegen anfühlen. Sonnenuntergänge auch kitschig schön wie gehabt.

Für mich ging sogar noch ein weiterer Traum in Erfüllung, als wir mit einer Biologin auf einer Tour Buckelwale beobachten durften. Diese anmutigen Riesen schwimmen zwischen Dezember und März südwärts in wärmere Gewässer, um sich zu paaren. Ich habe nur noch vor Freude gequietscht, als eine Gruppe von Männchen direkt neben unserem Boot ihr Balz-Gehabe für das Weibchen starteten – die nach einigen Minuten mit einer riesigen klatschenden Flosse zu verstehen gegeben hat, dass sie mit der aktuellen Auswahl an Herren nicht zufrieden ist und somit neue Anwärter anlocken wollte – einfach fantastisch, die Natur so hautnah miterleben zu dürfen!

Aber auch dieser Abschnitt ging schneller vorbei als gedacht und schon hatten wir einen letzten langen Reisetag vor uns – notabene am 24.12. – um Mexiko Richtung Guatemala zu verlassen. Ich hatte ehrlich gesagt nicht nur ein weinendes Auge am Flughafen in Mexiko City…. Die 6 Monate in Mexiko waren fantastisch, geprägt von vielen tollen Erlebnissen mit Menschen und Natur. Wir haben wohl beide unser Herz an dieses Land verloren und mein Gefühl sagt mir, dass ich nicht das letzte Mal mexikanischen Boden betreten habe – ich hoffe es zumindest ❤

CDMX – La Reina

Die totale Überforderung; laut, kalt, heiss, Luft die kaum zum Atmen taugt, arm, reich, Verkehr 24/7 und Leute, Leute soweit das Auge reicht. Mein Fazit vorab: Leider geil… 😜

Mit mehr als 9 Millionen Einwohnern innerhalb der Stadtgrenze und ca. 22 Millionen innerhalb des Ballungsgebietes liegt Ciudad de Mexico (CDMX) aktuell auf Platz 9 der grössten Metropolregionen weltweit und ist damit die grösste Menschenansammlung in Nordamerika, noch vor allen US-amerikanischen Metropolen wie New York oder Los Angeles. Das sind die Fakten. Rein gefühlsmässig ist CDMX eher so etwas wie ein eigener Planet. Die Stadt erstreckt sich unendlich weit in alle Richtungen und hört einfach nie auf. Auf einem Ausflug in das Vorort Mixquik sind wir mit dem Shuttle-Bus mehr als drei Stunden (reine Fahrzeit) unterwegs gewesen. Und das alles in der gleichen Stadt! Jedes Quartier, hier Colonia genannt, hat seinen eigenen Charakter.

Ein Wohnblock vor einem Hochhaus, CDMX’s Architektur kann bisweilen ziemlich beliebig wirken
Hier eine typische Strassenszene aus unserem Burbuja Quartier (siehe unten)
Geht auch in grüner. Und ist häufig so! CDMX ist eine unerwartet grüne Stadt… 😊
Und wer genau hinschaut findet auch solche Bijoux: Herzige Innenhöfe gesäumt von Wohnungseingängen

Und noch viel spassiger: jede Strasse, die eine Colonia von der anderen trennt, kann gleichzeitig die Grenze zwischen «ganz ok hier» und «No-Go Area» darstellen. Ist kein Problem, solange man sich diesen unsichtbaren Grenzen bewusst ist. Macht das Navigieren der Stadt einfach ein bisschen anspruchsvoller dafür umso interessanter.

Wie ist der Vibe?

Ok, ok, ganz ruhig. Beim nochmaligen Durchlesen fühlt sich der Einführungsabsatz etwa gleich atemlos an wie CDMX selbst. Aber es gibt so viel zu erzählen und es ist bereits jetzt klar, dass ich die Hälfte weglassen werde! Nun gut, versuchen wir es der Reihe nach… Als wir ankamen, Direktflug aus Cozumel, fühlten wir uns zuerst einmal wie Campesinos aus der tiefsten Provinz Mexikos. Das Schweizer Gegenstück unserer Reise wäre direkt von Thurgau nach Zürich (sorry Degu 😂). Hier in CDMX ist alles so verhipstert, jede Bar cooler als die vorhergehende und die Leute so divers, jeder mit seinem sehr eigenen Stil. Definitiv eigenständiger im Charakter als Zürich und mit einem ganz eigenen, leicht roughen Street-Stile Charme der im Gerold’s Garten nur gut nachgebaut, hier aber echt ist. Ja, Zürich ist eine tolle Stadt aber mit der Kreativität und rohen Lebensfreude von 22 Millionen Mexikaner ist es schwer mitzuhalten.

Der Vinyl Hype ist natürlich auch in CDMX längst angekommen
Jede Bar ein Unikat und das verteilt auf zwei Stadtviertel. Zusammengerechnet ergibt das etwa 47 Langstrassen. Man wird nicht fertig…

Internationale Küche was auch immer das Herz begehrt, in der ersten Woche hatte ich beinahe eine Sushi Überdosis aber auch knuspriges, echt thailändisches Tod Mun Goong geht immer.

Das unserem Airbnb nächstgelegene Restaurant, Galanga, vermutlich einer der besten Thais der Stadt. Aber so genau kann man das in CDMX nie sagen. Natürlich mit Mineralwasser importiert aus Italien. Die Chilangos gönnen es sich… 😅

Wenn wir gerade beim Schlemmen sind; Craft Beer heisst in Mexiko Cerveza Artesanal. Und davon gibt es viel zu entdecken! Allein in Gehdistanz zu unserem Appartement haben drei lokale Brauereien einen Tasting Room eingerichtet.

La Burbuja

Die «normalen» Einwohner von CDMX nennen sie La Burbuja, die Blase: die Colonias Condesa, Polanco, Roma Norte & Santa Fe sind hip und teuer. Alle die nicht zur Oberklasse gehören, kommen nur zur Arbeit hierher. Auch unser Appartment hat sich mit Roma Norte in einer dieser Nachbarschaften befunden. Martina und ich haben bei der Buchung und auch vor Ort lange Diskussionen darüber geführt, was wir nun davon halten sollen, Stichwort Gentrification etc. Ich möchte immer möglichst lokal eintauchen und wenn acht von zehn Wohnungen AirBnbs mit US-Amerikanischen Bewohner sind, stellt sich dieses Gefühl nicht ein.

La Burbuja wie sie leibt und lebt; fancy renoviertes Wohngebäude, im Erdgeschoss ein Hipster Café für Digital Nomads hinter ihren MacBooks und der Beamer vor der Türe. Ok, ok, so extrem ist es selten aber das Foto bringt es auf den Punkt.

Fazit: Trotz meiner tief verankerten Abneigung gegen zu viel Zeit im «Gringotown» war die Lokation unseres Airbnbs eine ganz gute, sprich pragmatische Entscheidung. Die Kriminalitätsstatistik von Mexiko City erspar ich uns jetzt, aber bei aller Gelassenheit eines erfahrenen Reisenden gibt es einfach ein paar grundlegende Realitäten, denen auch wir uns nicht entziehen können.

Hier unser Airbnb von aussen, für einen Monat war die Calle de Chiapas 135 unser Zuhause und wir haben uns super wohl gefühlt!

Und man muss sich eines bewusst sein; während ich weisser Schweizer mich bitte schön in einer authentischen Nachbarschaft wiederfinden möchte, würden viele Einwohner Mexiko City’s das linke Bein dafür geben, in der Burbuja leben zu dürfen. Mit guter Infrastruktur und ohne Schiessereien…

Das nun aber kein falscher Eindruck entsteht; bei uns im Roma Norte sieht es noch nicht gaaaanz wie in Zürich. Sehr cool und hip, aber definitiv a bit rough around the edges… 😂

Perritos, Perritos, all day long…

Als erstes fällt einem auf, dass jeder Chilango mindestens einen, besser zwei oder drei Hunde hat. Je auffälliger, desto besser, vom Mini-Chihuahua bis zum Afghanischen Windhund haben wir alles gesehen. Waschechte Bernhardiner auch. Abends sind die Trottoirs voll mit stolzen Herrchen und Frauchen und auch sonst scheinen die lieben Perritos Gesprächsthema Nummer eins zu sein. Das jemand seinen Hund vor dem eigenen menschlichen Partner begrüsst, mir egal. Wenn jemand seinen Hund im Restaurant WÄHREND des Essens auf dem Schoss hat, um ihn ununterbrochen liebkosen zu können, schwierig.

Leider arbeiten die Bewohner von Mexiko City sehr hart und haben deshalb nicht immer Zeit sich um ihre vierbeinigen Freunde zu kümmern. Für das gibt es eine ganze Industrie von Hunde-Coiffeurs, Hunde-Walkern, Hunde-SPA’s und sogar Hunde-Hotels, wenn es einem ganz zu viel wird. Vielleicht liegt meine Abneigung der Hunde Manie gegenüber auch darin begründet, dass sich ein ebensolches Hunde-Hotel direkt gegenüber unserem Airbnb befunden hat. Inklusive der nicht zu vernachlässigenden Lärmemissionen, wenn ein Hund meint, er sei für immer von seinem Herrchen zurückgelassen worden, weil er das Konzept von zwei Wochen Sommerferien nicht versteht. Ich weiss, ich höre mich nun ein bisschen sarkastisch an, aber wieviel Lärm zwanzig sich verlassen fühlende Perritos über die Dauer einer Nacht fabrizieren können, weiss nur, wer es selbst erlebt hat.

Fazit: Wer weiss, ob es eine Hunde-verrücktere Stadt auf dieser Welt gibt…

Ich kann es mir nicht verkneifen, hier das Beweisfoto. Er konnte gleich mitessen, mmmhhhmm…

Administratives: Von A nach B und das Wetter

AMLO hat in seiner Amtszeit viel in den öffentlichen Verkehr von CDMX investiert und das merkt man. Die zwei grossen Fortbewegungsmittel sind die Metro und der Metrobus. Funktioniert beides perfekt und die Chilangos sind auch sichtlich stolz darauf, auf jeder Tour oder bei jeder mit dem ÖV zusammenhängenden Interaktion wurde darauf hingewiesen. Als grosser ÖV Fan kann ich nur sagen; Daumen hoch, sehr gut gemacht.

Im Hintergrund sieht man den Metrobus inklusive seiner hochgelagerten Halteplattform an der Cuauhtémoc. Auch gerade ein schönes Beispiel für die Quartiergrenzen; links der Buslinie die Colonia Doctores, No-no-no-go Area, rechts davon Roma Norte, da haben wir gewohnt.

Aber ja, bei aller Lobhuddelei bzgl. dem ÖV; CDMX ist (und bleibt vermutlich auf absehbare Zeit) eine Autostadt…

Paseo de Reforma x Insurgentes. Zwei der Lebensadern CDMX’s kreuzen sich, viel Spass…
Nein, da ist kein Staub auf der Linse, das ist die Fernsicht an einem schönen Tag…. Wir haben (selten) Leute draussen joggen gesehen, würde ich stark davon abraten und ins Gym gehen. Die haben Luftfilter…
Die berühmt berüchtigte «Hora de Pico», frei übersetzt als Rush Hour und im ganzen Land gefürchtet. Alternativtitel: «Wenn acht Spuren nicht reichen»

Das Wetter im Oktober war sehr stetig, zumindest über die einzelnen Tage hinweg betrachtet. Innerhalb eines Tages kann es aufgrund der Höhe (2’200+ Meter über Meer) zu grossen Schwankungen kommen. Heisst konkret; Morgens eher frisch, Wolljäckli erwünscht, ab ca. 11 Uhr brennt die Sonne was sie mag und T-Shirt ist eigentlich immer noch zu viel, Nachmittags um 16 Uhr gibt es gerne mal eine Schauer und Abends manchmal lange angenehm warm, manchmal bereits zum Znacht die Daunenjacke.

Erdbeben hatten wir zum Glück keine, wird aber jedes Jahr in einer massiven Stadt-weiten Übung durchgespielt

Für Martina («la friolera», Gfröörli auf Deutsch) kam erschwerend hinzu, dass die Chilangos nichts aber auch gar nichts von Isolierung oder nur schon von Fenstern halten. Es gab selten Restaurants mit Türen und / oder Fenstern, auch der 200+ CHF Thai in Polanco montiert ausschliesslich eine Scheibe gegen die Abgase, nach oben ist das Restaurant offen. Da sah die Spanischstunde im Business Hochhaus dann auch schon mal so aus:

Schmelztiegel der Kulturen

Der Gründungsmythos aller mesoamerikanischen Kulturen besagt, dass die Götter den Menschen aus Mais geformt haben. Aus gelbem, schwarzem, rotem und weissem Maiz, so wie die Menschen halt sind. Entsprechend vielfältig sind die Kulturen in Mexiko, durch die spanische Eroberung nur nochmals befeuert.

Und weil CDMX das ökonomische Powerhouse von Mexico ist, je nach Quelle werden hier 15 – 18% des BIP erwirtschaftet, übt es eine ungebrochene Anziehungskraft auf Arbeitsmigranten aus allen Teilen Mexikos aus. Ganz Mexiko kommt hier zusammen; neben den Alteingesessenen Chilangos in ihren Verkaufsständen brutzeln Yucatecos ihre Tacos mit Cochinita Pibil, Norteños ihre Tortas, ein sinaloanisches Restaurant bietet die frischesten Meeresfrüchte feil und Baja California steuert den Wein bei.


Einschub «Chilango»

Grundsätzlich: Einwohner von CDMX im restlichen Mexiko.

Es sind aber mehrere Versionen über die Entstehung im Umlauf. Ein älterer Herr aus Mexiko City hat im Gespräch darauf bestanden, dass früher die Einwanderer IN die Stadt so genannt wurden. Irgendwie habe sich das dann umgekehrt und nun nenne sie das ganze restliche Land Chilangos. Egal welche Version nun stimmt, auch wir durften in Cozumel bereits lernen; die Chilangos erkennt man sofort… Wer sich kurz vor (!) dem Tauchgang auf dem Boot noch die Nase pudert oder im El Presidente (400+ USD/Nacht) zwei Wochen Familienurlaub macht, ist definitiv ein Chilango/a. Sie haben etwa den gleichen Ruf wie Zürcher in der Schweiz, nur dass es bei uns es mehr den Charakter eines Scherzes hat während hier einige Chilangos wirklich über reichlich Klassenbewusstsein verfügen. Da wird in Polanco der Kellner schon mal ignoriert wenn es grad nicht passt oder der Strassenverkäufer ohne sich ihm zuzuwenden mit einer herablassenden Handgeste seines Weges geschickt…


Und wie immer vereinigt sich in Mexiko alles beim Essen, wie sich auf einer vierstündigen Tour durch La Merced sehr schön zeigt. Einer der grössten Märkte Lateinamerikas und so gross, dass er ein eigenes Viertel von CDMX ist. Und das will was heissen… 🤣 Aus diversen Gründen geht man besser mit jemandem dorthin, der sich auskennt. Gabriel ist auf dem Markt aufgewachsen, sein Vater hat sich auf unterdessen drei Taco Stände hinaufgearbeitet, seine Familie ist respektiert, wir waren in guten Händen.

Überall in Mexiko sind bemalte Wände, die sogenannten Murales, eine wichtige Ausdrucksform für Botschaften aller Art, häufig auch hochpolitisch. Auch der vermutlich berühmteste Künstler Mexikos, Diego Rivera, zählt viele Murales zu seinem Gesamtwerk.

Und die Kultursektion wäre nicht komplett ohne den Totenkult rund um den Día de los Muertos! Oder eher den ganzen Monat Oktober davor, in dem bereits alles hübsch geschmückt ist und viele Altäre, sogenannte Ofrendas, wie Pilze aus dem Boden schiessen. Auch wenn der mit einer Million unterdessen grösste Umzug, der Gran Desfile de Día de Muertos, als Kopie des Umzugs in der Eröffnungszene des Bond Films «Spectre» begann, ist der Totenkult uralt. Und wird, zu meinem grossen Erstaunen, auch sehr, sehr ernst genommen. Keine Familie ohne ihre Ofrenda für ihre Verstorbenen, und sei sie auch noch so klein…

Die eigentlichen Festivitäten fokussieren sich auf den ersten und zweiten November, den Día de los Angelitos & Día de los Muertos. Grundsätzlich ehrt man die Verstorbenen, die für einen Tag auf die Welt zurückkehren; am ersten Tag verstorbene Kinder, am zweiten Tag die Erwachsenen. Und das Schönste daran: die Trauer steht nicht im Vordergrund, viel mehr zelebriert man das Lebens seiner verstorbenen Ahnen und des Lebens selbst. Sehr mexikanisch…

Auch der Polizeiposten neben meinem Gym steht nicht zurück und hat eine Ofrenda eingereichtet

Einen Überblick über diese Vielfalt kann man sich am besten im Museo Nacional de Antropología verschaffen, eines der ungefähr 200 Museen der Stadt und vielleicht das Beste. Es erklärt alle Mesoamerikanischen Kulturen, die in Mexiko heimisch waren oder sind. Ein Monumentalerlebnis; wir haben es unterdessen zwei Mal besucht und noch nicht alles gesehen…

Liebe auf den zweiten Blick?

Mexiko City ist für mich Mexiko unter dem Brennglas; das Mexikanische destilliert, konzentriert auf seine Essenz. Das kann ich nach fünfeinhalb Monaten Daueraufenthalt in Mexiko selbst mit gutem Gewissen sagen. Denn trotz allen Schwierigkeiten, die mit einer Grossstadt einhergehen (Verkehr, Lärm, Umweltverschmutzung, etc.), empfand ich CDMX als durch und durch mexikanisch. Einfach in all seinen Formen zusammengewürfelt; wo die Lautsprecher vor den Apotheken Reaggeton auf die Strasse plären wie in Valladolid, wo es überall Streetfood in kleinen selbstgebauten Ständen zu kaufen gibt wie überall in Mexiko, hier halt neben Wolkenkratzern, wo am Abend im Park neben dem Zocalo die Leute zusammenkommen um zu tanzen wie in Merida… Klar wirken die Leute ein bisschen reservierter, es wird nicht mehr ganz sooo viel gelächelt wie sonst überall und natürlich nicht mehr jedermann auf der Strasse gegrüsst (fairerweise wäre das aber auch schwierig bei 22 Millionen Leuten). Aber es nicht so, dass man wie bei anderen Hauptstädten (Belize City anyone?) sagen müsste, dass diese komplett anders sei als das Land rundherum. Jede in Mexiko vorhandene Kultur scheint hier repräsentiert und irgendwie eingeflossen zu sein… Das, gemischt mit der ökonomischen Potenz und der Internationalität der Stadt, ergibt einen unglaublich intensiven Cocktail!

Könnte ich langfristig hier leben? Hhhmmm, vermutlich schwierig. Für das ist es einfach zu viel aufs Mal und das ohne Pause, 24/7….

Ist es eine unglaublich tolle und vielfältige Stadt, die ich unbedingt wieder besuchen werde? Definitiv!

Ausblick

Seit wir CMDX verlassen haben, ist auch bereits wieder ein bisschen Zeit ins Land gegangen. Wir haben uns der weiteren Erkundung Mexikos gewidmet und sind wieder mehr in den Reisemodus zurückgekehrt. Immer noch langsam und sehr bewusst, aber mehr Fokus auf das Entdecken uns noch unbekannter Seiten Mexikos. Wir durften zusammen mit Isa & Stefan die Halbinsel Yucatan erkunden, haben Campeche und Chiapas bereist und mit Oaxaca einen Bundesstaat kennen lernen dürfen, wie ihn nur Mexico hervorbringt; vom Surfertown bis zur 3000m+ hohen Sierra Madre gibt es dort so ziemlich alles… Aktuell sind wir mit dem Mietwagen an der Riviera Nayarit unterwegs, gelegen zwischen Jalisco im Süden und Sinaloa im Norden. Aber dazu mehr beim nächsten Mal!

La Cocina Mexicana

Dios mio, wo soll ich überhaupt anfangen? Eine der Gründe, warum uns Mexico so gut gefällt, ist die Vielfältigkeit. Kulturell, landschaftlich und eben auch kulinarisch ist das Land unglaublich divers. Essen hat einen enormen Stellenwert und hat viel mit der nationalen und auch regionalen Identifikation zu tun – das ist selbst für eine Italienerin beindruckend 😉.

Auch nach vielen Wochen in Mexiko und einer sehr hohen «Probierfreudigkeit» haben wir immer noch das Gefühl, nur einen Bruchteil der mexikanischen Küche zu kennen. Es passiert fast täglich, dass ich in einem Restaurant die Menu-Karte ansehe und mehrere Sachen nicht kenne. Entweder, weil ich das Gericht tatsächlich nicht kenne, es eine saisonale Angelegenheit ist (war ja klar, zu jeder erdenklichen Festivität gibt es in Mexico natürlich auch noch mehrere spezifische Gerichte, die es nur zu dieser Zeit gibt, wie beispielsweise das «Pan de Muertos»). Oder, um es für die Nicht-Mexikaner noch extra-lustig zu machen, heisst dasselbe Gericht dann auch noch anders pro Region. Oder die Tortilla wird zu Salbutes (weil aufgebläht und nochmals frittiert) oder Panucho (weil gefüllt mit Bohnen) oder Tostada (weil alt und hart, wird daher frittiert serviert) usw.

Herzstück von fast jedem Gericht ist logischerweise der «Maiz». Er ist nicht nur einfach ein Lieferant für Kohlenhydrate, auch hier steckt wieder mehr dahinter. Es gibt über 63 Maissorten in Mexiko, unterschiedlich in Form und Farbe (gelb, blau, ja sogar rosa). Der durchschnittliche Mexikaner verputzt 335 Kilo Mais pro Jahr, mehrheitlich in Form von Tortillas in verschiedenen Formen und Farben, als Elotes (am Stück) oder als Tamales (Maispüree im Bananenblatt gedämpft) und und und… Nach dem Glauben der Maya wurde der erste Mensch von den Göttern sogar aus Mais geformt – nachdem die vorhergehenden Versuche aus Holz und anderen Materialen gescheitert sind 😉.

Neben Mais gehört zu einem typischen mexikanischen Essen natürlich noch irgendeine Form von Protein. Da sind die bekannten Frijoles (Bohnen), meistens in Form eines Pürees, das quasi zu allem dazu gegessen wird. Und dann ist ja noch das Fleisch – und zwar so ziemlich jedes Fleisch von fast jedem Viech – und nicht nur «Filet-Style» wie bei uns, die Mexikaner essen ALLE TEILE des Tiers.  Die Auswahl beschränkt sich auch nicht nur auf Vierbeiner – Insekten stehen ebenfalls auf dem Speiseplan, vor allem «Chapulines», also Grashüpfer, die als frittierte Snacks zum Apero angeboten werden. Alles wird verzehrt, auch noch heute und unabhängig von der, sagen wir mal «Klassenzugehörigkeit». Das ist einerseits sicher gut so, denn es ist die nachhaltigste Form des Fleischverzehres (wenn man das überhaupt so nennen kann). Andererseits ist es zumindest für mich sehr gewöhnungsbedürftig, respektive meine sonstige Experimentierfreudigkeit stösst bei Hirn, Füssen oder Käfern echt an die Grenze. Naja, ich will nicht urteilen, ist wohl einfach nichts für mich… Aber der Fleischkonsum ist wirklich sehr hoch und für Vegetarier hat die sonstige mexikanische Vielfältigkeit leider schnell ein Ende, wenn man nicht in einer Grossstadt wie Mexico City lebt, wo man sehr gute, internationale Küche an jeder Ecke findet.

Beat isst hier jeweils Pozole, eine traditionelle Suppe mit Maiz.
Achtung, nicht zu verwechseln mit Pancita, diese Version enthält Kuh-Magen….

Salat wie wir es kennen gibt es kaum in der traditionellen mexikanischen Küche – und wenn, dann in Form von geschmacklosem Eisbergsalat als Dekoration. Tomaten (die roten, sowie die noch nicht reifen, grüne Form der Tomatillos) werden als Salsa Verde/Roja zu vielen Gerichten gereicht. Sonst gibt es noch ein paar andere Gemüse wie Zwiebeln, Kürbis oder Zucchini, aber damit hat es sich dann bald. Und dann sind da natürlich noch die «Chile» – hier ist die Küche wieder nicht an Vielfältigkeit zu übertreffen, wie beim Maiz sind es über 60 verschiedene Sorten. Und die meisten = «pica mucho»… Man erhält meistens eine Reihe von Schälchen mit Püree-artigen Saucen zu jedem Gericht, mit dem gringo-freundlichen Hinweis vom Kellner bei welchen man Vorsicht walten lassen soll. Monsieur nimmt die Warnung häufig nicht so ernst, was auch schon mal zum Schweissausbruch führen kann 😉

Unsere Essens-Abenteuer-Lust haben wir auch auf den verschiedenen Märkten und Strassenständen ausgelebt. Ab und zu auch im Rahmen einer geführten Tour mit jeweils wirklich tollen Guides, die uns mit viel Begeisterung über die Herkunft der Gerichte erzählen. Ein wahres Gaumen-Fest also.

Noch vor uns liegt Oaxaca, ein Staat am Pazifik mit gleichnamiger Hauptstadt, deren Küche fast schon als «Food-Capital» bezeichnet wird mit der höchsten Dichte an Michelin-Restaurants in Mexico. Besonders bekannt ist «Mole», eine Art Sauce oder Marinade, die aus unzähligen Zutaten besteht, darunter auch Schokolade. Es gibt zigg Ausführungen, wir werden uns hoffentlich bald die Originalrezepte probieren können.

Es lohnt sich also auch definitiv, von diesem leckeren Essen fett zu werden 😊 Was übrigens auch passiert – gefühlt haben wir haben nach drei Monaten Cozumel von «sportlich braungebrannt» innerhalb eines Monats CDMX in «bleich und gorditos» gewechselt…😉 Aber Spass beiseite – das ist tatsächlich ein Problem in Mexiko. Denn die Nation hat die USA als Nr.1 im Bereich Fettleibigkeit überholt. Bereits im Kindesalter ist Übergewicht ein Problem und die Regierung versucht mit verschiedenen Aktionen diesem Negativ-Trend entgegenzuwirken, leider mit wenig Erfolg. Denn wie oben erwähnt, hat Essen historisch und kulturell so einen wichtigen Stellenwert bei den Mexikanern, dass ein Umdenken hier wirklich schwer ist.  Es ist uns aber völlig bewusst, dass wir in diesem Blog nur einen Bruchteil der mexikanischen Küche und regionaler Kultur abgedeckt haben – daher müssen wir wohl oder übel weiter probieren 😉

Cozumel – Part Martina

Finalmente – es mi turno! Nachdem Beat ja bereits unser Leben und Alltag in Cozumel beschrieben hat, mache ich nun kurz einen «Deep Dive» in meine Taucherfahrung 😊

Das zentralste gleich vorweg: Mit diesem drei-monatigen Aufenthalt auf einer karibischen Insel und der Ausbildung zur Tauchlehrerin ist für mich ein echter Lebenstraum in Erfüllung gegangen. Ich hätte mir das «Cozumel-Gesamtpaket» nicht besser erträumen können – von Land und Leuten, Wetter (ja, mir war auch sehr heiss, aber wie die meisten wissen, ist das meine perfekte «Operating Temperature»), das wunderbare Leben am Meer und die Tauchausbildung samt Crew. Und wer hat’s möglich gemacht: Herr Kuster! Ich bin meinem Liebsten unendlich dankbar, dass er mir diese Zeit geschenkt hat und dieses Abenteuer mitgemacht hat – obwohl es wissentlich kein «ideales Habitat» für ihn war. Tausend Dank dafür mein Schatz😘

Speaking «out of comfort zone – auch ich hatte die eine oder andere Herausforderung zu meistern, über und unter Wasser – dazu nun ein bisschen mehr:

Tauchen auf Cozumel & Aldora

Die Destinations-Wahl ist nicht zufällig auf Cozumel gefallen – denn die Insel ist DAS Taucherparadies im Mesoamerikanischen Riff – notabene das zweitgrösste Barrier Reef auf der Welt (gleich nach Australien). Es erstreckt sich über 1’000 Kilometer entlang von Mexico, Belize, Guatemala und Honduras und hat eine unglaubliche Korallen- und Arten-Vielfalt. Wassertemperaturen und Sicht sind exzellent, mit einer relativ starken Strömung, die das Wasser sauber und nährstoffreich hält. Kurzum: perfekte Konditionen. Und die Unterwasserwelt ist wirklich magisch! Ich will die Nicht-Taucher unter euch nicht langweilen, aber hier nur ein paar Eindrücke, warum dies einfach mein «Happy Place» ist:

Gleichzeitig habe ich mir mit der alteingesessen Aldora eine der grössten Tauschbasen auf der Insel ausgesucht mit sieben eigenen Booten und der einzigen weiblichen, sehr renommierten Course-Direktorin. Das soll hier keine Werbung sein; aber ich durfte wirklich von einer sehr vielfältigen Ausbildung profitieren – auch wenn organisations-mässig nicht alles immer glatt lief – wir sind halt immer noch in Mexiko 😉

Mein «Alltag» als Instructor-Trainee

Ich bin ja so knapp über 25 Jahre alt…. und auch wenn das mental wahrscheinlich noch stimmen könnte, ist es physisch leider nicht ganz akkurat. Will heissen: 05:00 Uhr aufstehen, 20 kg schwere Stahltanks aufs Boot hieven, Gear-Set Up für bis zu 8 Gäste und dann 2 x ca. 70-90 Minuten tauchen fand ich «schono irgendwiä sträng»… Ich bin tatsächlich nach diesem Tagesablauf um ca. 14:00 nachhause gekommen, habe meinen Bärenhunger gestillt, geduscht und dann mein ganzes Gear gewaschen (ja, es ist eine Unmenge von Zeug, das man zum Tauchen benötigt und wenn man es nicht täglich ordentlich reinigt, wird man schnell vom Freund als «smelly cat» bezeichnet…). Und dann? Ja dann war «Fritto». Dies ist noch so eine liebenswürdige Bezeichnung für den Zustand nach einem Tauch-Arbeitstag, wenn einem sozusagen «der Stecker gezogen wird». Will heissen: Ich war zeitweise nicht mal mehr eine akzeptable Gesprächspartnerin und fiel nur noch todmüde ins Bett. Ich will mich aber nicht beklagen – ich bin (fast) jeden Morgen nach einem tiefen Schlaf wieder vorfreudig auf den nächsten Tauchgang aus dem Bett gehüpft. Als Teil meiner Ausbildung wurde ich jeden Tag einem anderen Tauchboot oder Instructor als «Assistentin» zugeteilt, wo ich jeweils verschiedene Aufträge hatte. Alles von einfachem Guiding der regulären Taucher, Betreuung von einzelnen Gästen mit speziellen Bedürfnissen, bis hin zu eigentlichen Tauchkursen, wo ich als Trainee bereits einzelne Kurs-Komponenten mit den Schülern durchführen konnte. Diese ersten 2 Monate waren wirklich lehrreich und von praktischem Wert, da ich alles über die Tauch-Basis und Boot-Operation hautnah miterleben konnte – inklusive der fast schon militärischen Prozedere auf den Booten (die aber aus Sicherheitsgründen nötig sind), den verschiedenen «Charakter-Typen» von Captains und auch einigen «Rabo Verdes»……😉 Aber auch ein mega-cooles Team von Tauchlehrern, die ihr Wissen und Erfahrung mit mir geteilt haben. Alles in allem habe ich jede einzelne Minute auf diesen Booten geliebt.

Mein neues «Büro»
…ja all das Zeug auf dem Pier muss ins Boot…
Tauchbriefing vorbereiten…

IDC & IE eg: «Study.Dive.Study.Dive…Eat…Sleep…Repeat»

Anfangs September ging es dann ans «Eingemachte» – also der offizielle Kursstart vom PADI IDC (Instructor Development Course). Dieser Intensiv-Kurs dient zur Vorbereitung für den IE (Instructor Examination), wo während drei Tagen die bibbernden Instructor-Anwärter auf Herz und Nieren geprüft werden. Die Prüfung besteht aus einem theoretischen Teil (3 Stunden schriftliche Prüfung + Vortrag) und einem praktischen Teil unter Wasser (simulierte Kurs-Szenarien, wo wir jeweils Lehrer- oder Schüler-Rolle übernehmen müssen für eine spezifische Aufgabe + Rescue-Cases).

In meinem konkreten Fall hiess das 16 Tage am Stück Training (nix Wochenende) mit morgens Unterricht im Schulzimmer und nachmittags Tauchübungen. Will heissen: morgens irgendeine Physik-Formel anwenden um den Partialdruck irgendeines Gases auf irgendeiner Tiefe zu berechnen und am Nachmittag auf 3 Meter im Sand sitzen und eine endlose Reihe von Tauchübungen an imaginären Schülern vorzeigen 😊 Vielleicht noch ein paar Sachen mehr, aber grundsätzlich waren es sehr lehrreiche aber auch anstrengende Tage. Meine Erinnerung an die Prüfung selbst ist eher verschwommen – no pun intended – denn ich war zugegeben zeitweise wirklich sehr nervös… schlussendlich haben es aber alle aus unserer Gruppe geschafft und wir waren schon ein bisschen stolz, als wir den Zettel endlich in der Hand hielten.

So viel zu meinen Erfahrungen auf Cozumel – eine Insel, die mir sozusagen eine neue Welt eröffnet hat 🩵 und die ich hoffentlich nicht zum letzten mal betreten habe.  

Nach dem Besuch von Denise & Bas auf Cozumel (separater Eintrag kommt dazu) zieht es uns zurück in eine Grossstadt (und die einen unter uns suchen auch eine Abkühlung auf 2000 Meter, wer könnte das wohl sein 😊). Stay tuned for CDMX – denn diese Stadt ist eine Liga für sich…

Cozumel – Part Beat

If (!= Martina OR Beat) {Disclaimer}

Nachdem unsere erste Woche sehr detailliert beleuchtet wurde, ist es nun Zeit für eine höhere Flughöhe.

Das Wichtigste vorweg:
Mexiko als Land, Kultur, Gesellschaft ist schlichtweg genial. Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben aaaber was wir bisher davon erleben durften ist einfach super. Nach bisher vier Besuchen mit insgesamt knapp drei Monaten Aufenthalt wurden wir auch bei unserer erneuten Rückkehr vom genau gleich freundlichen, bunten, lebendigen Mexiko empfangen, dass wir jeweils zurückgelassen hatten. Eine unglaubliche kulturelle Vielfalt, die als mesoamerikanischer Kulturraum tausende von Jahren zurückreicht und auch heute (trotz dem jahrhundertelangen «Werk» der Conquistadores) noch lebendig ist! In der Gegenwart ein quirliges, aufstrebendes Schwellenland mit mehr als 130 Millionen Einwohnern in dem die Uhren gleichzeitig schneller und langsamer laufen. Die Phrase «Man kann es schwer beschreiben, man muss es erlebt haben.» ist arg strapaziert, hat aber in Bezug auf Mexiko eine gewisse Berechtigung…

Alles neu macht die Insel

Nun gut, nach all den intellektuellen Schwärmereien wird man vom Alltag dann wieder sachte auf den Boden der Realität zurückgeholt. Da wir drei Monate auf Cozumel verbringen dürfen, fühlt es sich definitiv nicht wie Ferien sondern eher wie «hier Leben» an. Und damit gehen auch hier alle ganz profanen Dinge eines Schweizer Alltags (minus Arbeit 😉) einher; wo gehen wir Einkaufen, was gibt es in mexikanischen Supermärkten überhaupt im Angebot und was nicht?


Einschub “Nastüchli-Wirtchaft”

In der Schweiz betreibt meine bessere Hälfte eine veritable Nastüchli-Wirtschaft; für alles wird ein Nastüchli gebraucht, haben wir IMMER dabei, der Verbrauch wird in kg/Monat gemessen. Die Mexikaner kennen aber keine Nastücher. Gibt es hier einfach nicht. Punkt. Das tönt nun super trivial, soll aber anhand dieses einfachen Beispiels illustrieren, wie liebgewonnene Gewohnheiten im Alltag eines fremden Landes ein bisschen durcheinanderkommen können. Nicht schlechter, nicht besser, anders.


Wie bewegt man sich auf der Insel fort (Moto Taxi), wie funktioniert die Müllabfuhr (kommt jeden zweiten Tag im Vergleich zu alle zwei Wochen in Zürich, das aber mit gutem Grund… 😜), wie komme ich zu einer mexikanischen Telefonnummer (Abonnement nur mit mexikanischem Bankkonto möglich, tja)? Das herauszufinden braucht alles seine Zeit.

Wer erkennt die Passagierin?

Aber all dies, was ich in der Schweiz als belastend da Zeitverschwendung empfinden würde, hat in unserer Auszeit seinen berechtigten Platz. Weil beim Abklappern der verschiedenen Mobiltelefon-Shops und dem nötigen «drei Mal vorbeikommen, immer neue Angestellte befragen, weil die einzige verantwortliche Person nie da ist», geschieht unbewusst genau das, auf was wir aus sind: Das Eintauchen in die Lebensrealität hier vor Ort. Das ist etwas, das in den «normalen» Ferien selten bis nie geschieht. Und für mich definitiv einen Teil des Reizes eines solchen Aufenthaltes ausmacht.

Ein ganz normaler Tag

Die Ausgangslage: Die Insel ist sehr überschaubar und bietet keine grösseren Sehenswürdigkeiten ausser einem der schönsten Strände der Welt. Da mich Strände im Allgemeinen aber ziemlich kalt (korrekt wäre: heiss) lassen und die cozumelanischen Strände entweder keinen Schatten oder dann hohe (Resort-)Mauern drumherum haben, habe ich diese in den bisherigen zwei Monaten erst 4x mit meiner Anwesenheit bedacht. Aber deswegen bin ich ja auch nicht hier…. 😉

Einer meiner vier Strandausflüge, hier im Buccanos

Eine berechtigte Folgefrage könnte lauten; ja für was dann? Zu Illustrationszwecken versuche ich meine alltäglichen Tätigkeiten in einen Prototyp-Tag zu packen.

Der Morgen beginnt meist um ca. 7 Uhr mit einem Spaziergang, um meine ersten 5000 Schritte des Tages abzuholen. Weshalb so früh, mag sich der geneigte Leser fragen? Es hat mit der Temperatur zu tun, siehe weiter unten. Dazu darf eine kleine Dosis Blockchain mittels interessantem Podcast zu Themen wie Sequencer Decentralization oder MEV nicht fehlen. Danach setze ich mich an meine Kommandozentrale und bereite meine Spanischstunde vor, welche ich mit Laura, einer netten Künstlerin / Spanischlehrerin aus Mexiko City, bestreite.

Arbeitspult aka “Kommandozentrale”

Noch kurz ein bisschen Voki gebüffelt und es ist auch schon Zeit für meinen Ausflug ins EGO Gym! Ein echter Glücksgriff; ein lokales Fitnesscenter mit netten Leuten und anständigen Geräten ohne aber zu einer der grossen mexikanischen Fitnesscenter-Ketten wie z.B. Smartfit zu gehören. Train local. 💪

Der Hunger meldet sich und ich pilgere in die Cocina Económica meines Vertrauens, den «Super Hit Succursal II».


Einschub “Cocina Económica”

Die Cocina Económica ist eine typisch mexikanische Einrichtung und findet sich so in vielen Lateinamerikanischen Ländern wieder. Es ist eine Mischung aus Street Food Stall und Restaurant, meist mit Sitzplätzen und überdacht aber teilweise offen zur Strasse hin. Türen is nix, am Abend wird einfach ein Gitter zugezogen, Vorhängeschloss dran und gut ist. Es wird sehr bodenständig aber super lecker gekocht und wie der Name bereits verrät, zu sehr überschaubaren Preisen. Mein Standardmenu mit Enchiladas rojas con Pollo und 1l Wasserflasche kostet 110 MXN, das sind ca. 4.70 CHF.

El Super Hit Succursal II
Chilaquiles, geht auch immer…

Alle dieser Einrichtungen scheinen immer gut besucht zu sein, gefühlt isst der Mexikaner hier, wenn er auswärts geht. Oder bestellt vor und kommt es mit dem Moto abholen. Restaurants mit geschlossenen Räumen und Klimaanlage sind entweder speziellen Anlässen wie Geburtstagen vorbehalten. Oder halt den Gringos mit US Dollars im Gepäck… 😉


Zurück in der «Kommandozentrale» ist es Zeit für eine zweite Dosis Blockchain. Ich bastle aktuell an einem Projekt rund um das Thema «On-Chain Sparschwein». Zu viel kann ich logischerweise noch nicht verraten, da ich mich wie jedes anständige Startup zu Beginn in der Stealth-Phase befinde. Spass beiseite; ich wollte mich schon lange Hands-On mit der Technologie auseinandersetzen und einen Smart Contract in der Programmiersprache Solidity schreiben. Und mit einem konkreten Projekt an der Hand ist der Motivationsfaktor um Faktoren grösser. Eine Kommerzialisierung steht nicht im Vordergrund, sondern möglichst viel zu lernen. Es macht einfach verdammt viel Spass! 😇

Abends bleibt dann Zeit gemeinsam mit meiner besseren Hälfte die Trenta zu erforschen und dabei Food-technisch allerlei neue Örtlichkeiten zu entdecken. Sie verläuft gleich eine Querstrasse hinter unserem Haus und hat ihren ganz eigenen Charme, vor allem am Abend. Es ist klar eine Durchgangsstrasse: Viel Verkehr, das Trottoir, falls vorhanden, sehr eng und die Dichte an Lokalen ist zwar hoch aber diese liegen meist ca. fünfzig bis hundert Meter auseinander. Oder anders formuliert; es ist jetzt keine italienische Strandpromenade. Dennoch, es hat einfach was. 100% Vida Mexicana.

Die Trenta wie sie leibt und lebt…
Unsere absolute Lieblings-Taqueria “Los Arcos”

Sonntag ist hier noch der Tag des Herrn, für mich als der Kirche verloren gegangene Seele eher Velotag. Die Stimmung Morgens um sechs Uhr in der verschlafenen Stadt und auf der Transversal darf man durchaus als mystisch bezeichnen.

Irgendwo im Suburbia von San Miguel, die Stadt hat immerhin ungefähr die Einwohnerzahl von Winterthur
Die Transversal am Morgen

45 Minuten Insel durchqueren mittels Transversal und schon ist man auf der wilden Westseite, die weder Strom noch Handyempfang kennt. Der eigens für Velofahrer angelegte Weg entlang des Meeres ist einfach nur episch, weit entfernt von jeglicher Menschenseele.

Velo-Porn

Nach gut 65 Kilometern (entspricht ungefähr einer Runde um den Zürichsee via Seedamm) und ca. 3 Stunden Fahrzeit komme ich jeweils komplett nass und kaputt, aber glücklich zurück.

Meine Beschreibung hat jetzt natürlich nur auf meinen Tagesablauf fokussiert. Martina hat ihren ganz eigenen Alltag mit ihrer Doppelausbildung zum PADI Divemaster &  Instructor; immer unterwegs, entweder auf oder über dem Wasser oder im Klassenzimmer. Über «la vida de una instructora de buceo» wird meine bessere Hälfte gerne selbst berichten. Stay tuned!

Unsere Nachbarn, die Cozumeleños

Ganz wichtig: Wie oben angetönt sind es die vielen kleinen Begegnungen mit den Einheimischen, die den mexikanischen Vibe ausmachen. Aufgrund meiner eher noch rudimentären Spanischkenntnisse (ja, ich kann ein Verb unterdessen im Pluscuamperfecto konjugieren, eine flüssige Konversation zu führen ist aber eine ganz andere Hausnummer) sind das bisher jeweils eher kürzere Interaktionen. Das reicht aber bereits mehr als aus, um die authentische Freundlichkeit und Lebensfreude der Mexikaner spüren zu dürfen. Auf all unseren bisherigen Reisen durch Europa, Russland, China, Südostasien, den angelsächsischen Ländern, dem Baltikum, Zentral- und Südamerika ist uns neben den Kolumbianern wahrscheinlich kein Völkchen begegnet, dass eine derart ausgeprägte Willkommenskultur und sprichwörtliche Gastfreundschaft lebt, wie die Mexikaner. So ist zum Beispiel auch in Südostasien das Lächeln immer präsent, aber die Freundlichkeit ist hier einfach irgendwie authentisch und nahbar… Es ist schwierig zu beschreiben aber wir fühlen uns hier einfach wohl!

Das Klima-Paradox

Na ja, dazu muss ich wohl doch noch kurz was sagen. Es ist heiss. Sehr heiss. Und feucht. Sehr feucht. Wenn die Temperatur morgens vor Sonnenaufgang (rein theoretisch der kühlste Zeitpunkt des Tages) auf 26 Grad Celsius fällt ist gut. Muss aber nicht.

Als Schweizer gibt es hier ein Klima-Paradox zu verstehen: Wann immer es schönes Wetter ist in der Schweiz, rennen alle nach draussen, um ja keinen Sonnenstrahl zu verpassen. Ein Tag drinnen verbringen zu müssen, während draussen die Sonne scheint, gilt schon fast als Höchststrafe. Ich als jemand, der nicht gerade in die Kategorie Sonnenanbeter fällt, wollte diesen «draussen sein und das schöne Wetter geniessen»-Lifestyle mal so richtig kennen- und möglichst schätzen lernen. Leider ist auf Cozumel tagsüber niemand draussen. Zumindest niemand der nicht muss. Es ist einfach viel zu heiss. Sport kann draussen bis vielleicht 9 Uhr morgens und am Abend wieder ab ca. 20 Uhr gemacht werden. Auch sonstige Bewegung tagsüber wird ab etwa 15 Minuten mit einem nassen T-Shirt belohnt. Und mit nass meine ich nicht feucht, sondern nass. Nach dem 10-minütigen Fussweg ins Fitnesscenter wechsle ich auf ein trockenes T-Shirt, um mich damit dem dort herrschenden arktischen Sturm der Klimaanlagen auszusetzen. Merke: Wer es sich hier leisten kann, der ist in der Kühle.

Unser “Haus-Park”, der Parque 3 de Mayo, in seiner mittaglichen Vollbesetzung

Easy, überhaupt kein Beinbruch. Darauf kann man sich einstellen. Nur ein weiteres Beispiel dafür, dass man sich die Dinge zu Hause auf dem Sofa manchmal ein bisschen anders ausmalt.

An alle Schlauberger: Ja, ich habe die Klimatabelle vorgängig konsultiert. Jetzt weiss ich auch wie sich diese Zahlen anfühlen… 🤣

En Casa

Ganz wichtig für das seelische Wohl, zumindest wenn man mehrere Monate darin verbringen will; eine Unterkunft mit Wohlfühlfaktor. Und das haben wir mit unserer kleinen Casita (Achtung: Untertreibung 😉) unserer netten Vermieterin Elisabeth definitiv bekommen! Sie bewohnt den unteren Stock, wir durften uns oben einquartieren. Elisabeth war ein Goldschatz; hat uns mit allen möglichen Tipps versorgt und war immer da, wenn es irgendwo geklemmt hat. Und durch den Hurricane (siehe vorhergehender Bericht) hat sie uns auch begleitet. Vielen Dank an dieser Stelle, liebe Elisabeth!

Zusammen im K’ooben Laab feine hausgemachte Tagliatelle gegessen, da lacht das italienische Herz

Wichtig auch im Kontext meines Tagesablaufes, der sich häufig zu Hause abspielt. Mein erster Impuls bei der Besichtigung war ja «die Wohnung ist nicht so wichtig, denn es ist ja immer schönes Wetter und ich werde sowieso viel draussen sein». Hahaha, tja…. Ich bin froh haben wir uns für diese ein bisschen teurere aber unglaublich tolle Variante entschieden.

Aber lassen wir einfach die Bilder sprechen:

Die Bauherrin hat einen Meter höher als die Strasse bauen lassen. Beim ersten Regen haben wir gesehen wieso… 😂
Unsere wunderschöne Dachterrasse

Fazit

Ok, ok, ich gebe es zu, der Bericht zu Cozumel ist ein bisschen länger ausgefallen. Zu meiner Verteidigung: Es ist auch unser längster durchgehender Aufenthalt an einem Ort ausserhalb der Schweiz. Der bisherige Rekordhalter Cartagena in Kolumbien schlug mit gut einem Monat zu Buche. Das entspricht unserem Vorsatz, langsamer zu reisen, um noch mehr eintauchen zu können.

Alles in allem ein perfekter Start in unser mexikanisches, lateinamerikanisches Abenteuer!! Klar, es brauchte eine kurze Akklimatisationsphase, es gab ein paar wenige Tiefen und viele Höhen! Und es war auch ein sehr fairer, verdaubarer Start: Die «Disneyland Mexico» Einschätzung aus unserem ersten Besuch der Insel hat sich mehrheitlich bewahrheitet. Und das in einem positiven Sinne!

Als nächstes steht ein einmonatiger Aufenthalt in Mexico City auf dem Programm, da wird nochmals an unseren Sprachkenntnissen gefeilt. Wohin genau in Mexiko es uns danach verschlägt ist noch offen. Aus unseren bisherigen Erfahrungen zu schliessen, ist das aber auch gar nicht sooo entscheidend; viel Kultur und herzliche Menschen gibt es überall in Mexiko zu erleben…

Próxima parada; Ciudad de Mexico!

Cozumel

Epilog

Wie immer (Achtung: Wiederholungstäter am Werk) gab es auch für diese Reise einiges vorzubereiten. Da gibt es mal das ganze Admin-Gedöns; Post-Umleitung, Versicherungen in allen Formen und Farben sowie die obligaten Abklärungen zu Zahlungsmitteln (Gebührenunterschiede Debit- vs. Kreditkarte vs. Bargeldbezug machen auf unser Reisebudget geschätzt einen tiefen vierstelligen Betrag aus…). In Zeiten des Überangebots an Mietwohnungen in der Stadt (not), treibt uns vor allem die Frage um: Haushalt auflösen oder versuchen, die Wohnung unterzuvermieten? Für unsere letzte Reise haben wir die Wohnung gekündigt und unsere Möbel eingelagert. Und uns im Anschluss geschworen, das nie wieder zu machen. Aber einen passenden Untermieter zu finden ist nicht einfach: Es herrscht zwar ein Mangel an Mietwohnungen, aber aufgrund ausgeprägtem Selbstverwirklichungsdrang der verwöhnten Stadtzürcher (Beispiel: siehe uns) jedoch auch ein Überangebot an Untermiete. Aufgrund einer glücklichen Fügung hat sich dann ein sehr nettes Professorenpaar aus Michigan gefunden, welches ihren einjährigen Forschungsaufenthalt bei uns verbringen wird. Danke Schicksal! Jetzt nur noch «kurz» die ganze Wohnung ausgeräumt, Abschlussreinigung und Übergabe…

Irgendwo da muss es doch sein!

Erschöpft von den ganzen administrativen Belangen haben wir uns dafür die Planung der Reiseroute erspart. Drei Monate Cozumel sind fix gebucht, danach lassen wir uns von uns selbst überraschen!

Bienvenidos a Cozumel

Was für ein Start! Noch in unserer ruhigen, so beschützten Schweiz erreichte uns die Nachricht, dass ungefähr an unserem Anreisedatum ein Wirbelsturm auf Cozumel treffen könnte. Wirbelsturm, auch bekannt als Hurricane, was ist das? Und schon ging das Werweisen los; soll man dennoch auf die Insel übersetzen, wie lange wären die Fährverbindungen unterbrochen? Oder den Sturm doch lieber auf dem Festland aussitzen? Nach einigen Abklärungen zu diesem uns in der Praxis unbekannten Phänomen und einem Austausch mit Elisabeth, unserer Vermieterin auf Cozumel, entschieden wir uns, es zu riskieren. Der Hurricane war zwar in der höchsten Stufe, Stufe 5, kategorisiert, aber es bestand die berechtigte Hoffnung, dass er sich bis zur Insel auf Stufe 2 oder 3 abschwächen würde.


Einschub Anreise

Die Anreise verlief soweit ereignis- wenn auch nicht ganz so reibungslos, wie wir es mit unserem bisherigen Reiseglück (2014 & 2018) gewohnt waren. Da Cozumel von Zürich aus nicht in einem Tag zu erreichen ist, durften wir vor der Überfahrt in Playa del Carmen nächtigen, was sich leider schwieriger gestaltet, wenn der Vermieter der gebuchten Unterkunft nicht auftaucht. Normalerweise kein Beinbruch, nach 21 Stunden Reise würde man sich einfach eine Dusche wünschen. Und auch Martina’s Tauchgepäck (mit dem ungefähren Gegenwert eines Jahreslohnes 🤪) ist leider irgendwo auf der Strecke geblieben, dem dort angetroffenen Chaos nach zu urteilen vermutlich in Frankfurt. Aber! Dafür durften wir zum ersten (und vermutlich auch letzten 😋) Mal in unserem Leben einen Business Class Flug geniessen! Einfach weil es der günstigste One Way-Flug war.

Richtig gesehen, es gibt nur 4 Sitze pro Reihe. Anstatt 20 oder so….

Muss man nicht viel dazu sagen; brandneuer Airbus A330neo, 180 Grad flaches Bett und der Champagner floss in Strömen… Eine absolut passende Einstimmung in unser Backpacking Abenteuer!


Endlich auf der Insel angekommen, ging es dann an die Hurricane Vorbereitungen. Wasser- und Essensvorräte anlegen, den Wassertank auf dem Dach festzurren, die Scheiben mit Klebeband absichern und Mahlzeiten vorkochen (Strom & Gas wird während des Sturms abgestellt).

Und die interessanten Wetterphänomene beobachten; knapp zwei Tage vor dem Sturm «verschwanden» die Wolken und es gab keinen Windhauch mehr zu spüren. Einfach nur blauer Himmel und Stille. Dann ab ca. 12 Stunden vor Eintreffen waren die Ausläufer des Wirbelsturms am Himmel zu sehen und es wurde klar, weshalb er Wirbelsturm genannt wird: Die Wolken bewegten sich sehr schnell und nicht in eine Richtung, sondern eher kreisförmig. Halt in einem Wirbel um das Auge des Sturms, dass sich zu diesem Zeitpunkt aber noch hunderte von Seemeilen entfernt befand. Eindrücklich. Der Sturm selbst traf die Insel um ca. 19 Uhr Ortszeit und damit brach die Nacht an diesem Tag ein bisschen früher an. Der Regen setzte innerhalb von Sekunden ein, von null auf hundert und sofort war man in einer Waschmaschine. Für die nächsten ungefähr zwölf Stunden, in unterschiedlichen Intensitäten. Wie uns vorab erklärt wurde, sind Sturmflut als auch Überschwemmung die gefährlicheren Symptome, als Laie hätte ich eher auf den Wind getippt. Glücklicherweise hat Elisabeth ein sehr stabiles Haus bauen und dieses (siehe Überschwemmung) auf einen rund ein Meter hohen Betonsockel stellen lassen. Entsprechend sind wir sehr glimpflich davongekommen, einzig unsere Haustüre und ein Fenster haben sich als nicht hundertprozentig wasserdicht herausgestellt. Was ich Angesichts der Tatsache, dass sie stundenlang mit dem Wasserdruck eines Feuerwehrschlauches malträtiert wurden, aber nachvollziehen kann. Nichts, was mit Tüchern und Lappen nicht behoben werden könnte… Alles in Allem eine nervenaufreibende Nacht, aber unser Haus und auch Cozumel hat es ohne grössere Schäden überstanden. Der Strom war bereits am Mittag des Folgetags zurück und auch die Ausgangssperre konnte aufgehoben werden. Glücklicherweise hat sich der Sturm wie prognostiziert auf Stufe 3 abgeschwächt und das Auge des Sturms die Insel knapp verfehlt. Unglaublich auch wie detailliert ein solcher Sturm durch das National Hurricane Center der USA verfolgt wird; mit Wettersatelliten, im Meer platzierten Mess-Boien und sogenannten Hurricane Hunter Planes, welche mit Messgeräten in den Sturm fliegen. Wann immer sich ein tropischer Sturm zum Hurricane entwickelt (wie im Falle von Beryl), wird in einen 24 Stunden Betrieb geschaltet und jede Stunde eine aktualisierte Prognose bezüglich seiner Stärke und Bahn erstellt.

So, damit hätten wir die erste Woche bereits abgedeckt. Und ich bin mit meinen Berichten nur noch fünf Wochen im Rückstand… 😛

Schweizer Leistungsdruck-Spässe beiseite; es gefällt uns sehr gut hier, ein bisschen heiss aber sonst genauso wie wir es uns ausgemalt hatten! Im nächsten Bericht gehe ich gerne ein bisschen näher auf das Inselleben ein, vielleicht kann ich sogar mein vielbeschäftigtes Tiinchen für eine Reportage zum Leben als Profesora de Buceo gewinnen!